Collected Essays on Cultural and Contemporary History 1887–1901
GA 31
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45. Grand Duchess Sophie of Saxony
In the history of German literary research, Grand Duchess Sophie of Saxony, who died on March 23, 1897, deserves a place of honour. Goethe's last grandson appointed her heiress to his grandfather's entire manuscript estate. He could not have entrusted the valuable treasures to anyone better than her. In April 1885, Goethe's papers passed into her possession. From then on, she regarded the administration of the legacy as a sacred and dear duty. She wanted to make it as fruitful as possible for science. She carefully discussed with men whom she considered to be good Goethe experts, Herman Grimm, Wilhelm Scherer, Gustav von Loeper and Erich Schmidt, how the property entrusted to her should be used for literary-historical research. She founded the "Goethe Archive" and appointed Erich Schmidt as its director. She believed that she could best serve the knowledge of Goethe and his time by publishing a Goethe edition that met all the scholarly requirements of the time. She invited a large number of scholars to collaborate on this edition. It was her heart's desire to see the completion of this monumental work. Unfortunately, it did not come true. Only half of the planned number of volumes have been published to date. The Grand Duchess took the most active part in the work of her archive. The current director of this institution, Bernhard Suphan, could only ever speak in terms of the greatest enthusiasm when he spoke of this interest. She went into all the details of the work.
Goethe's estate acted like a magnet on the papers left behind by other German poets and writers. In May 1889, Schiller's descendants made a gift of their ancestor's manuscripts to the Grand Duchess. The "Goethe Archive" thus expanded to become the "Goethe and Schiller Archive".
The plan emerged to gradually develop this into a German literary archive. Much has already been done to realize this plan. The estates of Otto Ludwig, Friedrich Hebbel, Eduard Mörike and others are already in the Goethe and Schiller Archive. In order to complete her creation, the Grand Duchess decided to build her own house to house the treasures. On June 28, 1896, the magnificent building on the Ilm, near the Residenzschloss, was officially opened. Anyone who was present at the ceremonial opening of this literary archive could observe the seriousness and love with which the Grand Duchess spoke of her creation. You could see how happy she felt to be able to serve science.
The Grand Duchess Sophie had a clear eye and a sure sense of what was great and important. She possessed a sharp power of judgment that allowed her to make the right decisions on the most difficult issues. Her indomitable energy and rare prudence enabled her to devote her attention to even the smallest details connected with her work. What she did for the cultivation of art, for the education of the youth in Weimar, for the material welfare of her country, cannot be overlooked today. It was in her nature to set herself beautiful tasks and to carry them out with a strong will. She is greatly revered in Weimar. She is held in high esteem by the members of the Goethe Society, the Shakespeare Society and the Schiller Foundation, who were able to see at their meetings in Weimar how great the interest this woman took in intellectual endeavors was and how great the understanding she had for cultural tasks. Her wish was that everyone should spend pleasant days in Weimar when they visited this place in order to revive the memory of great times of the past. It has often been said in recent times that people in Weimar live from the past. That is true. But this life of great memories is best understood. And it is hardly to be regretted that there is such a place where people gather from time to time who otherwise live only in the present. It is nice to see the past come alive in front of you from time to time, as if in a dream. The fact that Weimar is such a place today, which many people like to visit again and again to celebrate the great dead, and that they take good impressions home with them from their visits, is something to which the late Grand Duchess contributed a great deal.
45. Grossherzogin Sophie von Sachsen
In der Geschichte der deutschen Literaturforschung gebührt der am 23. März 1897 verstorbenen Großherzogin Sophie von Sachsen ein Ehrenplatz. Der letzte Enkel Goethes setzte sie zur Erbin des gesamten handschriftlichen Nachlasses seines Großvaters ein. Er hätte die wertvollen Schätze keiner besseren Obhut anvertrauen können als der ihrigen. Im April 1885 gingen die Papiere Goethes in ihren Besitz über. Von diesem Zeitpunkt an betrachtete sie die Verwaltung des Vermächtnisses als eine heilige und liebe Pflicht. Sie wollte es für die Wissenschaft so fruchtbar wie möglich machen. Sorgsam besprach sie mit Männern, die ihr als gute Goethekenner galten, mit Herman Grimm, Wilhelm Scherer, Gustav von Loeper und Erich Schmidt, wie das ihr anvertraute Gut der literarhistorischen Forschung zugeführt werden soll. Sie begründete das «Goethe-Archiv» und stellte Erich Schmidt als Direktor desselben an. Durch Herausgabe einer allen wissenschaftlichen Anforderungen der Zeit entsprechenden GoetheAusgabe glaubte sie der Erkenntnis Goethes und seiner Zeit am besten dienen zu können. Eine große Zahl von Gelehrten lud sie zur Mitarbeit an dieser Ausgabe ein. Es war ihr Herzenswunsch, die Vollendung des monumentalen Werkes zu erleben. Er ist ihr leider nicht in Erfüllung gegangen. Nur die Hälfte der in Aussicht genommenen Zahl der Bände liegt bis heute vor. An den Arbeiten ihres Archivs nahm die Großherzogin den regsten Anteil. Der gegenwärtige Direktor dieser Anstalt, Bernhard Suphan, konnte stets nur in Ausdrücken der höchsten Begeisterung sprechen, wenn er von dieser Anteilnahme erzählte. Auf alle Einzelheiten der Arbeiten ging sie ein.
Der Goethesche Nachlaß wirkte wie ein Magnet auf die hinterlassenen Papiere anderer deutscher Dichter und Schriftsteller. Die Nachkommen Schillers machten im Mai 1889 die Handschriften ihres Ahnen der Großherzogin zum Geschenke. Das «Goethe-Archiv» erweiterte sich dadurch zum «Goetheund Schiller-Archiv».
Der Plan entstand, dieses allmählich zum deutschen Literaturarchiv auszugestalten. Viel ist bereits zur Verwirklichung dieses Planes geschehen. Die Nachlässe Otto Ludwigs, Friedrich Hebbels, Eduard Mörikes u.a. liegen schon jetzt im Goethe- und Schiller-Archiv. Um ihre Schöpfung vollkommen zu machen, faßte die Großherzogin den Entschluß, ein eigenes Haus zur Unterbringung der Schätze zu bauen, Am 28. Juni 1896 schon konnte das prächtige Gebäude an der Ilm, in der Nähe des Residenzschlosses, seiner Bestimmung übergeben werden. Wer bei der feierlichen Eröffnung dieses Literaturarchivs zugegen war, konnte beobachten, mit welchem Ernste und mit welcher Liebe die Großherzogin von ihrer Schöpfung sprach. Man sah, wie glücklich sie sich fühlte, der Wissenschaft Dienste leisten zu können.
Ein klarer Blick, ein sicheres Gefühl für das Große und Bedeutende warten der Großherzogin Sophie eigen. Sie besaß eine scharfe Urteilskraft, die sie in den schwierigsten Fragen das Richtige treffen ließ. Eine unbeugsame Tatkraft und eine seltene Umsicht befähigten sie, ihre Sorgfalt auch den geringsten Kleinigkeiten zuzuwenden, die mit ihrem Wirken zusammenhingen. Was sie für die Kunstpflege, für die Erziehung der Jugend in Weimar, für die materielle Wohlfahrt ihres Landes getan hat, ist heute noch gar nicht zu übersehen. Schöne Aufgaben sich zu stellen und sie mit starkem Willen durchzuführen, lag in ihrer Natur. Groß ist die Verehrung, die sie in Weimar genießt. Hoch wird sie geschätzt von den Mitgliedern der Goethe-Gesellschaft, der Shakespeare-Gesellschaft, der Schillerstiftung, die bei ihren Versammlungen in Weimar sehen konnten, wie groß das Interesse war, das diese Frau geistigen Bestrebungen entgegenbrachte, und wie groß das Verständnis, das sie für Kulturaufgaben hatte. Ihr Wunsch war, daß jeder in Weimar schöne Tage verleben solle, wenn er diesen Ort aufsucht, um das Andenken an große Zeiten der Vergangenheit neu zu beleben. Es ist in der letzten Zeit oft gesagt worden, daß man in Weimar vom Vergangenen lebt. Das ist richtig. Aber man versteht dieses Leben in großen Erinnerungen aufs beste. Und daß es einen solchen Ort gibt, an dem von Zeit zu Zeit Menschen sich versammeln, die sonst nur in der Gegenwart leben, ist kaum zu bedauern. Es ist schön, ab und zu die Vergangenheit wie im Traume vor sich lebendig zu sehen. Daß Weimar heute ein solcher Ort ist, den zahlreiche Menschen immer und immer wieder gern aufsuchen, um großen Toten Feste zu bereiten, und daß sie gute Eindrücke von ihren Besuchen mit nach Hause nehmen, dazu hat die eben verstorbene Großherzogin viel, sehr viel beigetragen.