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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Goethes Naturwissenschaftliche Schriften
GA 1

2. Die Entstehung der Metamorphosenlehre

[ 1 ] Wenn man der Entstehungsgeschichte von Goethes Gedanken über die Bildung der Organismen nachgeht, so kommt man nur allzuleicht in Zweifel über den Anteil, den man der Jugend des Dichters, d. h. der Zeit vor seinem Eintritte in Weimar zuzuschreiben hat. Goethe selbst dachte sehr gering von seinen naturwissenschaftlichen Kenntnissen in dieser Zeit: «Von dem ..., was eigentlich äußere Natur heißt, hatte ich keinen Begriff und von ihren sogenannten drei Reichen nicht die geringste Kenntnis.» (Siehe Goethes Naturwissenschaftliche Schriften in Kürschners Deutscher National-Literatur, 4Im folgenden mit Natw. Schr. abgekürzt. 1. Band [S. 64].) Auf diese Äußerung gestützt, denkt man sich meistens den Beginn seines naturwissenschaftlichen Nachdenkens erst nach seiner Ankunft in Weimar. Dennoch erscheint es geboten, noch weiter zurückzugehen, wenn man nicht den ganzen Geist seiner Anschauungen unerklärt lassen will. Die belebende Gewalt, welche seine Studien in jene Richtung lenkte, die wir später darlegen wollen, zeigt sich schon in frühester Jugend.

[ 2 ] Als Goethe an die Leipziger Hochschule kam, herrschte in den naturwissenschaftlichen Bestrebungen daselbst noch ganz jener Geist, der für einen großen Teil des achtzehnten Jahrhunderts charakteristisch ist und der die gesamte Wissenschaft in zwei Extreme auseinanderwarf, welche zu vereinigen man kein Bedürfnis fühlte. Auf der einen Seite stand die Philosophie Christian Wolffs (1679-1754), welche sich ganz in einem abstrakten Elemente bewegte; auf der anderen die einzelnen Wissenschaftszweige, welche in der äußerlichen Beschreibung unendlicher Einzelheiten sich verloren und denen jedes Bestreben mangelte, in der Welt ihrer Objekte ein höheres Prinzip aufzusuchen. Jene Philosophie konnte den Weg aus der Sphäre ihrer allgemeinen Begriffe in das Reich der unmittelbaren Wirklichkeit, des individuellen Daseins nicht finden. Da wurden die selbst-verständlichsten Dinge mit aller Ausführlichkeit behandelt. Man erfuhr, daß das Ding ein Etwas sei, welches keinen Widerspruch in sich habe, daß es endliche und unendliche Substanzen gebe usw. Trat man aber mit diesen Allgemeinheiten an die Dinge selbst heran, um deren Wirken und Leben zu verstehen, so stand man völlig ratlos da; man konnte keine Anwendung jener Begriffe auf die Welt, in der wir leben und die wir verstehen wollen, machen. Die uns umgebenden Dinge selbst aber beschrieb man in ziemlich prinziploser Weise, rein nach dem Augenschein, nach ihren äußerlichen Merkmalen. Es standen sich hier eine Wissenschaft der Prinzipien, welcher der lebendige Gehalt, die liebevolle Vertiefung in die unmittelbare Wirklichkeit fehlte, und eine prinziplose Wissenschaft, welche des ideellen Gehaltes ermangelte, gegenüber ohne Vermittlung, jede für die andere unfruchtbar. Goethes gesunde Natur fand sich von beiden Einseitigkeiten in gleicher Weise abgestoßen 5Siehe «Dichtung und Wahrheit«, II. Teil, 6. Buch. und im Widerstreite mit ihnen entwickelten sich bei ihm Vorstellungen, die ihn später zu jener fruchtbaren Naturauffassung führten, in welcher Idee und Erfahrung in allseitiger Durchdringung sich gegenseitig beleben und zu einem Ganzen werden.

[ 3 ] Der Begriff, den jene Extreme am wenigsten erfassen konnten, entwickelte sich daher bei Goethe zuerst: der Begriff des Lebens. Ein lebendes Wesen stellt uns, wenn wir es seiner äußeren Erscheinung nach betrachten, eine Menge von Einzelheiten dar, die uns als dessen Glieder oder Organe erscheinen. Die Beschreibung dieser Glieder, ihrer Form, gegenseitigen Lage, Größe usw. nach, kann den Gegenstand weitläufigen Vortrages bilden, dem sich die zweite der von uns bezeichneten Richtungen hingab. Aber in dieser Weise kann man auch jede mechanische Zusammensetzung aus unorganischen Körpern beschreiben. Man vergaß völlig, daß bei dem Organismus vor allem festgehalten werden müsse, daß hier die äußere Erscheinung von einem inneren Prinzipe beherrscht wird, daß in jedem Organe das Ganze wirkt. Jene äußere Erscheinung, das räumliche Nebeneinander der Glieder kann auch nach der Zerstörung des Lebens betrachtet werden, denn sie dauert ja noch eine Zeitlang fort. Aber was wir an einem toten Organismus vor uns haben, ist in Wahrheit kein Organismus mehr. Es ist jenes Prinzip verschwunden, welches alle Einzelheiten durchdringt. Jener Betrachtung, welche das Leben zerstört, um das Leben zu erkennen, setzt Goethe frühzeitig die Möglichkeit und das Bedürfnis einer höheren entgegen. Wir sehen dies schon in einem Briefe aus der Straßburger Zeit vom 14. Juli 1770, wo er von einem Schmetterlinge spricht: «Das arme Tier zittert im Netz, streift sich die schönsten Farben ab; und wenn man es ja unversehrt erwischt, so steckt es doch endlich steif und leblos da; der Leichnam ist nicht das ganze Tier, es gehört noch etwas dazu, noch ein Hauptstück und bei der Gelegenheit, wie bei jeder andern, ein hauptsächliches Hauptstück: das Leben [WA 1, 238] Derselben Anschauung sind ja auch die Worte im «Faust» [1. Teil/Studierzimmer] entsprungen:

[ 4 ] «Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist herauszutreiben; Dann hat er die Teile in der Hand,
Fehlt, leider! nur das geistige Band.»

[ 5 ] Bei dieser Negation einer Auffassung blieb aber Goethe, wie dies bei seiner Natur wohl vorauszusetzen ist, nicht stehen, sondern er suchte seine eigene immer mehr auszubilden, und wir erkennen in den Andeutungen, welche wir über sein Denken von 1769-1775 haben, gar oft schon die Keime für seine späteren Arbeiten. Er bildet sich hier die Idee eines Wesens aus, bei dem jeder Teil den andern belebt, bei dem ein Prinzip alle Einzelheiten durchdringt. Im «Faust» [1. Teil/Nacht] heißt es:

[ 6 ] «Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt.»

[ 7 ] und im «Satyros» [4. Akt]:

[ 8 ] «Wie im Unding das Urding erquoll,
Lichtsmacht durch die Nacht scholl,
Durchdrang die Tiefen der Wesen all, Daß aufkeimte Begehrungs-Schwall
Und die Elemente sich erschlossen,
Mit Hunger ineinander ergossen,
Alldurchdringend, alldurchdrungen.»

[ 9 ] Dieses Wesen wird so gedacht, daß es in der Zeit steten Veränderungen unterworfen ist, daß aber in allen Stufen der Veränderungen sich immer nur ein Wesen offenbart, das sich als das Dauernde, Beständige im Wechsel behauptet. Im «Satyros» heißt es von jenem Urdinge weiter:

[ 10 ] «Und auf und ab sich rollend ging
Das all und ein' und ewig' Ding,
Immer verändert, immer beständig! »

[ 11 ] Man vergleiche damit, was Goethe im Jahre 1807 als Einleitung zu seiner Metamorphosenlehre schrieb: «Betrachten wir aber alle Gestalten, besonders die organischen, so finden wir, daß nirgend ein Bestehendes, nirgend ein Ruhendes, ein Abgeschlossenes vorkommt, sondern daß vielmehr alles in einer steten Bewegung schwanke.» (Natw. Schr., 1. Bd. [S. 8]) Diesem Schwankenden stellt er dort die Idee oder «ein in der Erfahrung nur für den Augenblick Festgehaltenes» als das Beständige entgegen. Man wird aus obiger Stelle aus «Satyros» deutlich genug erkennen, daß der Grund zu den morphologischen Gedanken schon in der Zeit vor dem Eintritte in Weimar gelegt wurde.

[ 12 ] Das, was aber festgehalten werden muß, ist, daß jene Idee eines lebenden Wesens nicht gleich auf einen einzelnen Organismus angewendet, sondern daß das ganze Universum als ein solches Lebewesen vorgestellt wird. Hierzu ist freilich in den alchymistischen Arbeiten mit Fräulein von Klettenberg und in der Lektüre des Theophrastus Paracelsus nach seiner Rückkehr von Leipzig (1768/69) die Veranlassung zu suchen. Man suchte jenes das ganze Universum durchdringende Prinzip durch irgendeinen Versuch festzuhalten, es in einem Stoffe darzustellen. 6«Dichtung und Wahrheit«, II. Teil, 8. Buch. Doch bildet diese ans Mystische streifende Art der Weltbetrachtung nur eine vorübergehende Episode in Goethes Entwicklung und weicht bald einer gesunderen und objektiveren Vorstellungsweise. Die Anschauung von dem ganzen Weltall als einem großen Organismus, wie wir sie oben in den Stellen aus «Faust» und «Satyros» angedeutet fanden, bleibt aber noch aufrecht bis in die Zeit um 1780, wie wir später aus dem Aufsatze «Die Natur» sehen werden. Sie tritt uns im «Faust» noch einmal entgegen, und zwar da, wo der Erdgeist als jenes den All-Organismus durchdringende Lebensprinzip dargestellt wird [1. Teil/Nacht]:

[ 13 ] «In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall ich auf und ab,
Webe hin und her!
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben.»

[ 14 ] Während sich so bestimmte Anschauungen in Goethes Geist entwickelten, kam ihm in Straßburg ein Buch in die Hand, welches eine Weltanschauung, die der seinigen gerade entgegengesetzt ist, zur Geltung bringen wollte. Es war Holbachs «Système de la nature». 7«Dichtung und Wahrheit», III. Teil, 11. Buch. Hatte er bis dahin nur den Umstand zu tadeln gehabt, daß man das Lebendige wie eine mechanische Zusammenhäufung einzelner Dinge beschrieb, so konnte er in Holbach einen Philosophen kennenlernen, der das Lebendige wirklich für einen Mechanismus ansah. Was dort bloß aus einer Unfähigkeit, das Leben in seiner Wurzel zu erkennen, entsprang, das führte hier zu einem das Leben ertötenden Dogma. Goethe sagt darüber in «Dichtung und Wahrheit» (III. Teil, 11. Buch): «Eine Materie sollte sein von Ewigkeit, und von Ewigkeit her bewegt, und sollte nun mit dieser Bewegung rechts und links und nach allen Seiten, ohne weiteres, die unendlichen Phänomene des Daseins hervorbringen. Dies alles wären wir sogar zufrieden gewesen, wenn der Verfasser wirklich aus seiner bewegten Materie die Welt vor unseren Augen aufgebaut hätte. Aber er mochte von der Natur so wenig wissen als wir; denn indem er einige allgemeine Begriffe hingepfahlt, verläßt er sie sogleich, um dasjenige, was höher als die Natur, oder als höhere Natur in der Natur erscheint, zur materiellen, schweren, zwar bewegten, aber doch richtungs- und gestaltlosen Natur zu verwandeln, und glaubt dadurch recht viel gewonnen zu haben.» Goethe konnte darinnen nichts finden als «bewegte Materie» und im Gegensatze dazu bildeten sich seine Begriffe von Natur immer klarer aus. Wir finden sie im Zusammenhange dargestellt in seinem Aufsatz «Die Natur», 8Natw. Schr., 2. Bd., S. 5 ff.; bezüglich dieses Aufsatzes vgl. man auch die Ausführungen Rudolf Steiners in «Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung», Gesamtausgabe Dornach 1960, S. 138 (Anm. zu S. 28) und «Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884-1901«, Gesamtausgabe Dornach 1961, S. 320ff. welcher um das Jahr 1780 geschrieben ist. Da in diesem Aufsatze alle Gedanken Goethes über die Natur, welche wir bis dahin nur zerstreut angedeutet finden, zusammengestellt sind, so gewinnt er eine besondere Bedeutung. Die Idee eines Wesens, welches in beständiger Veränderung begriffen ist und dabei doch immer identisch bleibt, tritt uns hier entgegen: «Alles ist neu und immer das Alte.» «Sie (die Natur) verwandelt sich ewig, und ist kein Moment Stillstehen in ihr,» aber «ihre Gesetze sind unwandelbar.» Wir werden später sehen, daß Goethe in der unendlichen Menge von Pflanzengestalten die eine Urpflanze sucht. Auch diesen Gedanken finden wir hier schon angedeutet: «Jedes ihrer (der Natur) Werke hat ein eigenes Wesen, jede ihrer Erscheinungen den isoliertesten Begriff, und doch macht alles Eins aus.» Ja sogar die Stellung, welche er später Ausnahmefällen gegenüber einnahm, nämlich sie nicht einfach als Bildungsfehler anzusehen, sondern aus Naturgesetzen zu erklären, spricht sich hier schon ganz deutlich aus: «Auch das Unnatürlichste ist Natur» und «ihre Ausnahmen sind selten.» 9Siehe über die Autorschaft dieses Aufsatzes Anmerkung 1 am Schlusse dieser Schrift. [Rudolf Steiner hatte die Absicht, für die Sonderausgabe sämtlicher Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften», 1.-5. Aufl., Dornach 1926, an dieser und weiteren 35 bereits von ihm bezeichneten Stellen - diese Stellen tragen im vorliegenden Text sämtlich einen - Anmerkungen zu schreiben. Er konnte diese Absicht nicht mehr verwirklichen.

[ 15 ] Wir haben gesehen, daß Goethe sich schon vor seinem Eintritte in Weimar einen bestimmten Begriff von einem Organismus ausgebildet hatte. Denn wenngleich der erwähnte Aufsatz «Die Natur» erst lange nach demselben entstanden ist, so enthält er doch größtenteils frühere Anschauungen Goethes. Auf eine bestimmte Gattung von Naturobjekten, auf einzelne Wesen hatte er diesen Begriff noch nicht angewendet. Dazu bedurfte es der konkreten Welt der lebenden Wesen in unmittelbarer Wirklichkeit. Der durch den menschlichen Geist hindurchgegangene Abglanz der Natur War durchaus nicht das Element, welches Goethe anregen konnte. Die botanischen Gespräche bei Hofrat Ludwig in Leipzig blieben ebenso ohne tiefere Wirkung, wie die Tischgespräche mit den medizinischen Freunden in Straßburg. In bezug auf die wissenschaftlichen Studien erscheint uns der junge Goethe ganz als der die Frische ursprünglichen Anschauens der Natur entbehrende Faust, welcher seine Sehnsucht nach derselben mit den Worten ausspricht [1. Teil/Nacht]:

[ 16 ] «Ach! könnt' ich doch auf Bergeshöhn In deinem (des Mondes) lieben Lichte gehn, Um Bergeshöhle mit Geistern schweben, Auf Wiesen in deinem Dämmer weben.»

[ 17 ] Wie eine Erfüllung dieser Sehnsucht erscheint es uns, wenn ihm bei seinem Eintritte in Weimar gegönnt ist, «Stuben-und Stadtluft mit Land-, Wald- und Gartenatmosphäre zu vertauschen» (Natw. Schr., 1. Bd., S. 64).

[ 18 ] Als die unmittelbare Anregung zum Studium der Pflanzen haben wir des Dichters Beschäftigung mit dem Pflanzen von Gewächsen in den ihm von dem Herzoge Karl August geschenkten Garten zu betrachten. Die Empfangnahme desselben von seiten Goethes erfolgte am 21. April 1776 und das von R. Keil herausgegebene «Tagebuch» meldet uns von nun an oft von Goethes Arbeiten in diesem Garten, die eines seiner Lieblingsgeschäfte werden. Ein weiteres Feld für Bestrebungen in dieser Richtung bot ihm der Thüringerwald, wo er Gelegenheit hatte, auch die niederen Organismen in ihren Lebenserscheinungen kennenzulernen. Es interessieren ihn besonders die Moose und Flechten. Am 31. Oktober 1777 bittet er Frau von Stein um Moose von allen Sorten und womöglich mit den Wurzeln und feucht, damit sie sich wieder fortpflanzen. Es muß uns höchst bedeutsam erscheinen, daß Goethe sich hier schon mit dieser tiefstehenden Organismenwelt beschäftigte und später die Gesetze der Pflanzenorganisation doch von den höheren Pflanzen ableitete. Wir haben dies in Erwägung dieses Umstandes nicht, wie viele tun, einer Unterschätzung der Bedeutung der weniger entwickelten Wesen, sondern vollbewußter Absicht zuzuschreiben.

[ 19 ] Nun verläßt der Dichter das Reich der Pflanzen nicht mehr. Schon sehr früh mögen wohl Linnés Schriften vorgenommen worden sein. Wir erfahren von der Bekanntschaft mit denselben zuerst aus den Briefen an Frau von Stein im Jahre 1782.

[ 20 ] Linnés Bestrebungen gingen dahin, eine systematische Übersichtlichkeit in die Kenntnis der Pflanzen zu bringen. Es sollte eine gewisse Reihenfolge gefunden werden, in der jeder Organismus an einer bestimmten Stelle steht, so daß man ihn jederzeit leicht auffinden könne, ja daß man überhaupt ein Mittel der Orientierung in der grenzenlosen Menge der Einzelheiten hätte. Zu diesem Zwecke mußten die Lebewesen nach Graden ihrer Verwandtschaft untersucht und diesen entsprechend in Gruppen zusammengestellt werden. Da es sich dabei vor allem darum handelte, jede Pflanze zu erkennen und ihren Platz im Systeme leicht aufzufinden, so mußte man insbesondere auf jene Merkmale Rücksicht nehmen, welche die Pflanzen voneinander unterscheiden. Um eine Verwechslung einer Pflanze mit einer anderen unmöglich zu machen, suchte man vorzüglich diese unterscheidenden Kennzeichen auf. Dabei wurden von Linné und seinen Schülern äußerliche Kennzeichen, Größe, Zahl und Stellung der einzelnen Organe als charakteristisch angesehen. Die Pflanzen waren auf diese Weise wohl in eine Reihe geordnet, aber so, wie man auch eine Anzahl unorganischer Körper hätte ordnen können: nach Merkmalen, welche dem Augenscheine, nicht der inneren Natur der Pflanze entnommen waren. Sie erschienen in einem äußerlichen Nebeneinander, ohne inneren, notwendigen Zusammenhang. Bei dem bedeutsamen Begriffe, den Goethe von der Natur eines Lebewesens hatte, konnte ihm diese Betrachtungsweise nicht genügen. Es war da nirgends nach dem Wesen der Pflanze geforscht. Goethe mußte sich die Frage vorlegen: Worin besteht dasjenige «Etwas», welches ein bestimmtes Wesen der Natur zu einer Pflanze macht? Er mußte ferner anerkennen, daß dieses Etwas in allen Pflanzen in gleicher Weise vorkomme. Und doch war die unendliche Verschiedenheit der Einzelwesen da, welche erklärt sein wollte. Wie kommt es, daß jenes Eine sich in so mannigfaltigen Gestalten offenbart? Dies waren wohl die Fragen, welche Goethe beim Lesen der Linnéschen Schriften aufwarf, denn er sagt ja selbst von sich: «Das, was er - Linné - mit Gewalt auseinanderzuhalten suchte, mußte, nach dem innersten Bedürfnis meines Wesens, zur Vereinigung anstreben.» 10Vgl. Natw. Schr., 1. Bd. [S. 68].

[ 21 ] Ungefähr in dieselbe Zeit, wie die erste Bekanntschaft mit Linné, fällt auch die mit den botanischen Bestrebungen des Rousseau. Am 16. Juni 1782 schreibt Goethe an [Herzog] Karl August: «In Rousseaus Werken finden sich ganz allerliebste Briefe über die Botanik, worin er diese Wissenschaft auf das faßlichste und zierlichste einer Dame vorträgt. Es ist recht ein Muster, wie man unterrichten soll und eine Beilage zum Emil. Ich nehme daher den Anlaß, das schöne Reich der Blumen meinen schönen Freundinnen aufs neue zu empfehlen.» [WA 5, 347] Rousseaus Bestrebungen in der Pflanzenkunde mußten auf Goethe einen tiefen Eindruck machen. Das Hervorheben einer aus dem Wesen der Pflanzen hervorgehenden und ihm entsprechenden Nomenklatur, die Ursprünglichkeit des Beobachtens, das Betrachten der Pflanze um ihrer selbst willen, abgesehen von. allen Nützlichkeitsprinzipien, die uns bei Rousseau entgegentreten, alles das war ganz im Sinne Goethes. Beide hatten ja auch das gemeinsam, daß sie nicht durch ein speziell herangezogenes wissenschaftliches Bestreben, sondern durch allgemein menschliche Motive zum Studium der Pflanze gekommen waren. Dasselbe Interesse fesselte sie an denselben Gegenstand.

[ 22 ] Die nächsten eingehenden Beobachtungen der Pflanzenwelt fallen in das Jahr 1784. Wilhelm Freiherr von Gleichen, genannt Rußwurm, hatte damals zwei Schriften herausgegeben, welche Untersuchungen zum Gegenstande hatten, die Goethe lebhaft interessierten: «Das Neueste aus dem Reiche der Pflanzen» (Nürnberg 1764) und «Auserlesene mikroskopische Entdeckungen bei Pflanzen, Blumen und Blüten, Insekten und anderen Merkwürdigkeiten» (Nürnberg 1777-81). Beide Schriften behandelten die Befruchtungsvorgänge an der Pflanze. Der Blütenstaub, die Staubfäden und Stempel wurden sorgfältig untersucht und die dabei stattfindenden Prozesse auf schön ausgeführten Tafeln dargestellt. Diese Untersuchungen machte nun Goethe nach. Am 12. Januar 1785 schreibt er an Frau von Stein: «Ein Mikroskop ist aufgestellt, um die Versuche des v. Gleichen, genannt Rußwurm, mit Frühlingsantritt nachzubeobachten und zu kontrollieren.» [WA 7, 8] In demselben Frühlinge wurde auch die Natur des Samens studiert, wie uns ein Brief an Knebel vom 2. April 1785 zeigt: «Die Materie vom Samen habe ich durchgedacht, soweit meine Erfahrungen reichen.» [WA 7, 36] Bei allen diesen Untersuchungen handelt es sich bei Goethe nicht um das Einzelne; das Ziel seiner Bestrebungen ist, das Wesen der Pflanze zu erforschen. Er meldet davon am 8. April 1785 an Merck, daß er in der Botanik «hübsche Entdeckungen und Kombinationen gemacht hat». [WA 7, 41] Auch der Ausdruck Kombinationen beweist uns hier, daß er darauf ausgeht, denkend sich ein Bild der Vorgänge in der Pflanzenwelt zu entwerfen. Das Studium der Botanik näherte sich jetzt rasch einem bestimmten Ziele. Wir müssen dabei nun freilich daran denken, daß Goethe im Jahre 1784 den Zwischenknochen entdeckt hat, wovon wir unten ausdrücklich sprechen wollen und daß er damit dem Geheimnis, wie die Natur bei der Bildung organischer Wesen verfährt, um eine bedeutende Stufe nähergerückt war. Wir müssen ferner daran denken, daß der erste Teil von Herders «Ideen zur Philosophie der Geschichte» 1784 abgeschlossen wurde und daß Gespräche über Gegenstände der Natur zwischen Goethe und Herder damals sehr häufig waren. So berichtet Frau von Stein an Knebel am 1. Mai 1784: «Herders neue Schrift macht wahrscheinlich, daß wir erst Pflanzen und Tiere waren ... Goethe grübelt jetzt gar denkreich in diesen Dingen und jedes, was erst durch seine Vorstellung gegangen ist, wird äußerst interessant.» [Zur deutschen Literatur und Geschichte, hrsg. von H. Düntzer, Bd. 1, Nürnberg 1857, S. 120.] Wir sehen daraus, welcher Art Goethes Interesse für die größten Fragen der Wissenschaft damals war. Es muß uns also jenes Nachdenken über die Natur der Pflanze und die Kombinationen, die er darüber im Frühling 1785 macht, ganz erklärlich erscheinen. Mitte April dieses Jahres geht er nach Belvedere eigens um seine Zweifel und Fragen zur Lösung zu bringen und am 15. Juni [1786!] macht er an Frau von Stein folgende Mitteilung: «Wie lesbar mir das Buch der Natur wird, kann ich dir nicht ausdrücken, mein langes Buchstabieren hat mir geholfen, jetzt ruckts auf einmal, und meine stille Freude ist unaussprechlich.» [WA 7, 229] Kurz vorher will er sogar eine kleine botanische Abhandlung für Knebel schreiben, um ihn für diese Wissenschaft zu gewinnen. 11«Gerne schickte ich dir eine kleine botanische Lektion, wenn sie nur schon geschrieben wäre.» [Brief an Knebel vom] 2. April 1785. [WA 7, 36] Die Botanik zieht ihn so an, daß seine Reise nach Karlsbad, die er am 20. Juni 1785 antritt, um den Sommer dort zuzubringen, zu einer botanischen Studienreise wird. Knebel begleitete ihn. In der Nähe von Jena treffen sie einen 17-jährigen Jüngling, [Friedrich Gottlieb] Dietrich, dessen Blechtrommel zeigte, daß er eben von einer botanischen Exkursion heimkehrt. Über diese interessante Reise erfahren wir näheres aus Goethes «Geschichte meines botanischen Studiums» und aus einigen Mitteilungen von [Ferdinand] Cohn 12«Deutsche Rundschau» (Berlin etc.) Bd. XXVIII (Juli-Sept.) 1881, S. 34 f. in Breslau, der dieselben einem Manuskripte Dietrichs entlehnen konnte. In Karlsbad bieten nun gar oft botanische Gespräche eine angenehme Unterhaltung. Nach Hause zurückgekehrt widmet Goethe sich mit großer Energie dem Studium der Botanik; er macht an der Hand von Linnés Philosophia 13Karl von Linné «philosophia botanica«, Stockholm 1751. Beobachtungen über Pilze, Moose, Flechten und Algen, wie wir solches aus seinen Briefen an Frau von Stein ersehen. Erst jetzt, wo er bereits selbst vieles gedacht und beobachtet, wird ihm Linné nützlicher, er findet bei ihm Aufschluß über viele Einzelheiten, die ihm bei seinen Kombinationen vorwärts helfen. Am 9. November 1785 berichtet er an Frau von Stein: «Ich lese im Linné fort, denn ich muß wohl, ich habe kein ander Buch. Es ist die beste Art ein Buch gewiß zu lesen, die ich öfters praktizieren muß, besonders da ich nicht leicht ein Buch auslese. Dieses ist aber vorzüglich nicht zum Lesen, sondern zum Rekapitulieren gemacht und tut mir nun die trefflichsten Dienste, da ich über die meisten Punkte selbst gedacht habe.» [WA 7, 118] Während dieser Studien wurde ihm immer klarer, daß es doch nur eine Grundform sei, welche in der unendlichen Menge einzelner Pflanzenindividuen erscheint, es wurde ihm auch diese Grundform selbst immer anschaulicher, er erkannte ferner, daß in dieser Grundform die Fähigkeit unendlicher Abänderung liege, wodurch die Mannigfaltigkeit aus der Einheit erzeugt wird. Am 9. Juli 1786 schreibt er an Frau von Stein: «Es ist ein Gewahrwerden der. . . Form, mit der die Natur gleichsam nur immer spielt und spielend das mannigfaltige Leben hervorbringt.» [WA 7, 242] Nun handelte es sich vor allem darum, das Bleibende, Beständige, jene Urform, mit welcher die Natur gleichsam spielt, im einzelnen zu einem plastischen Bilde auszubilden. Dazu bedurfte es einer Gelegenheit, das wahrhaft Konstante, Dauernde in der Pflanzenform von dem Wechselnden, Unbeständigen zu trennen. Zu Beobachtungen dieser Art hatte Goethe noch ein zu kleines Gebiet durchforscht. Er mußte eine und dieselbe Pflanze unter verschiedenen Bedingungen und Einflüssen beobachten; denn nur dadurch fällt das Veränderliche so recht in die Augen. Bei Pflanzen verschiedener Art fällt es uns weniger auf. Dieses alles brachte die beglükkende Reise nach Italien, welche er am 3. September von Karlsbad aus angetreten hatte. Schon an der Flora der Alpen ward manche Beobachtung gemacht. Er fand hier nicht bloß neue von ihm noch nie gesehene Pflanzen, sondern auch solche, die er schon kannte, aber verändert. «Wenn in der tiefern Gegend Zweige und Stengel stärker und mastiger waren, die Augen näher aneinanderstanden und die Blätter breit waren, so wurden höher ins Gebirg hinauf Zweige und Stengel zarter, die Augen rückten auseinander, so daß von Knoten zu Knoten ein größerer Zwischenraum stattfand und die Blätter sich lanzenförmiger bildeten. Ich bemerkte dies bei einer Weide und einer Gentiana und überzeugte mich, daß es nicht etwa verschiedene Arten wären. Auch am Walchensee bemerkte ich längere und schlankere Binsen als im Unterlande». 14Italienische Reise, 8. Okt. 1786. Ähnliche Beobachtungen wiederholten sich. In Venedig am Meere entdeckt er verschiedene Pflanzen, welche ihm Eigenschaften zeigen, die ihnen nur das alte Salz des Sandbodens, mehr aber die salzige Luft geben konnte. Er fand da eine Pflanze, die ihm wie unser «unschuldiger Huflattich» erschien, «hier aber mit scharfen Waffen bewaffnet und das Blatt wie Leder, so auch die Samenkapseln, die Stiele, alles war mastig und fett.» 15Italienische Reise, 8. Sept. 1786. Da sah Goethe alle äußeren Merkmale der Pflanze, alles was an ihr dem Augenscheine angehört, unbeständig, wechselnd. Er zieht daraus den Schluß, daß also in diesen Eigenschaften das Wesen der Pflanze nicht liege, sondern tiefer gesucht werden müsse. Von ähnlichen Beobachtungen, wie hier Goethe, ging auch Darwin aus, als er seine Zweifel über die Konstanz der äußeren Gattungs- und Art-formen zur Geltung brachte. Die Resultate aber, welche von den beiden gezogen werden, sind durchaus verschieden. Während Darwin in jenen Eigenschaften das Wesen des Organismus in der Tat für erschöpft hält und aus der Veränderlichkeit den Schluß zieht: Also gibt es nichts Konstantes im Leben der Pflanzen ,geht Goethe tiefer und zieht den Schluß: Wenn jene Eigenschaften nicht konstant sind, so muß das Konstante in einem anderen, welches jenen veränderlichen Äußerlichkeiten zugrunde liegt, gesucht werden. Dieses letztere auszubilden wird Goethes Ziel, während Darwins Bestrebungen dahin gehen, die Ursachen jener Veränderlichkeit im einzelnen zu erforschen und darzulegen. Beide Betrachtungsweisen sind notwendig und ergänzen einander. Man geht ganz fehl, wenn man Goethes Größe in der organischen Wissenschaft darinnen zu finden glaubt, daß man in ihm den bloßen Vorläufer Darwins sieht. Seine Betrachtungsweise ist eine viel breitere; sie umfaßt zwei Seiten: 1. Den Typus, d. i. die sich im Organismus offenbarende Gesetzlichkeit, das Tier-Sein im Tiere, das sich aus sich herausbildende Leben, das Kraft und Fähigkeit hat, sich durch die in ihm liegenden Möglichkeiten in mannigfaltigen, äußeren Gestalten (Arten, Gattungen) zu entwickeln. 2. Die Wechselwirkung des Organismus und der unorganischen Natur und der Organismen untereinander (Anpassung und Kampf ums Dasein). Nur die letztere Seite der Organik hat Darwin ausgebildet. Man kann also nicht sagen: Darwins Theorie sei die Ausbildung von Goethes Grundideen, sondern sie ist bloß die Ausbildung einer Seite der letzteren. Sie blickt nur auf jene Tatsachen, welche veranlassen, daß sich die Welt der Lebewesen in einer gewissen Weise entwickelt, nicht aber auf jenes «Etwas», auf welches jene Tatsachen bestimmend einwirken. Wenn die eine Seite allein verfolgt wird, so kann sie auch durchaus nicht zu einer vollständigen Theorie der Organismen führen, sie muß wesentlich im Geiste Goethes verfolgt werden, sie muß durch die andere Seite von dessen Theorie ergänzt und vertieft werden. Ein einfacher Vergleich wird die Sache deutlicher machen. Man nehme ein Stück Blei, mache es durch Erhitzen flüssig und gieße es dann in kaltes Wasser. Das Blei hat zwei aufeinander folgende Stadien seines Zustandes durchgemacht; das erste wurde bewirkt durch die höhere, das zweite durch die niedrigere Temperatur. Wie sich die beiden Stadien gestalten, das hängt nun nicht allein von der Natur der Wärme, sondern ganz wesentlich auch von jener des Bleies ab. Ein anderer Körper würde, durch dieselben Medien gebracht, ganz andere Zustände zeigen. Auch die Organismen lassen sich von den sie umgebenden Medien beeinflussen, auch sie nehmen, durch letztere veranlaßt, verschiedene Zustände an und zwar durchaus ihrer Natur entsprechend, entsprechend jener Wesenheit, die sie zu Organismen macht. Und diese Wesenheit findet man in Goethes Ideen. Derjenige, der ausgerüstet mit dem Verständnisse dieser Wesenheit ist, der wird erst imstande sein zu begreifen, warum die Organismen auf bestimmte Veranlassungen gerade in einer solchen und keiner andern Weise antworten (reagieren). Ein solcher wird erst imstande sein, sich über die Veränderlichkeit der Erscheinungsformen der Organismen und die damit zusammenhängenden Gesetze der Anpassung und des Kampfes ums Dasein die richtigen Vorstellungen zu machen. 16Unnötig wohl ist es zu sagen, daß die moderne Deszendenatheorje damit durchaus nicht bezweifelt werden soll, oder daß ihre Behauptungen damit eingeschränkt werden sollen; im Gegenteil, es wird ihnen erst eine sichere Basis geschaffen.

[ 23 ] Der Gedanke der Urpflanze bildet sich immer bestimmter, klarer in Goethes Geist aus. Im botanischen Garten zu Padua (Italienische Reise, 27. Sept. 1786), wo er unter einer ihm fremden Vegetation einhergeht, wird ihm der «Gedanke immer lebendiger, daß man sich alle Pflanzengestalten vielleicht aus einer entwickeln könne». Am 17. November 1786 schreibt er an Knebel: «So freut mich doch mein bißchen Botanik erst recht in diesen Landen, wo eine frohere, weniger unterbrochene Vegetation zu Hause ist. Ich habe schon recht artige, ins allgemeine gehende Bemerkungen gemacht, die auch dir in der Folge angenehm sein werden.» [WA 8, 58] Am 19. Februar 1787 (siehe Italienische Reise) schreibt er in Rom, daß er auf dem Wege sei, «neue schöne Verhältnisse zu entdecken, wie die Natur solch ein Ungeheures, das wie nichts aussieht, aus dem Einfachen das Mannigfaltigste entwickelt.» Am 25. März bittet er, Herdern zu sagen, daß er mit der Urpflanze bald zustande ist. Am 17. April (siehe Italienische Reise) schreibt er in Palermo von der Urpflanze die Worte nieder: «Eine solche muß es doch geben! Woran würde ich sonst erkennen, daß dieses oder jenes Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären.» Er hat im Auge den Komplex von Bildungsgesetzen, welcher die Pflanze organisiert, sie zu dem macht, was sie ist und wodurch wir bei einem bestimmten Objekte der Natur zu dem Gedanken kommen: Dieses ist eine Pflanze -, das ist die Urpflanze. Als solche ist sie ein Ideelles, nur im Gedanken Festzuhaltendes; sie gewinnt aber Gestalt, sie gewinnt eine gewisse Form, Größe, Farbe, Zahl ihrer Organe usw. Diese äußere Gestalt ist nichts Festes, sondern sie kann unendliche Veränderungen erleiden, welche alle jenem Komplexe von Bildungsgesetzen gemäß sind, aus ihm mit Notwendigkeit: folgen. Hat man jene Bildungsgesetze, jenes Urbild der Pflanze erfaßt, so hat man das in der Idee festgehalten, was bei jedem einzelnen Pflanzenindividuum die Natur gleichsam zugrunde legt und woraus sie dasselbe als eine Folge ableitet und entstehen läßt. Ja man kann selbst jenem Gesetze gemäß Pflanzengestalten erfinden, welche aus dem Wesen der Pflanze mit Notwendigkeit folgen und existieren könnten, wenn die notwendigen Bedingungen dazu einträten. Goethe sucht so gleichsam das im Geiste nachzubilden, was die Natur bei der Bildung ihrer Wesen vollzieht. Er schreibt am 17. Mai 1787 17Italienische Reise. an Herder: «Ferner muß ich Dir vertrauen, daß ich dem Geheimnis der Pflanzenzeugung und Organisation ganz nahe bin und daß es das einfachste ist, was nur gedacht werden kann... Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die konsequent sein müssen, das heißt: die, wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und nicht etwa malerische oder dichterische Schatten und Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendigkeit haben. Dasselbe Gesetz wird sich auf alles übrige Lebendige anwenden lassen.» Es tritt nun hier noch eine weitere Verschiedenheit der Goetheschen Auffassung von der Darwins hervor, namentlich, wenn man berücksichtigt, wie letztere gewöhnlich vertreten wird. 18Wir haben hier weniger die Entwicklungslehre derjenigen Naturforscher, die auf dem Boden der sinnenfälligen Empirie stehen, vor Augen, als vielmehr die theoretischen Grundlagen, die Prinzipien, die dem Darwinismus zugrunde gelegt werden. Vor allem natürlich die Jenaische Schule mit Haeckel an der Spitze; in diesem Geiste ersten Ranges hat wohl die Darwinsche Lehre mit aller ihrer Einseitigkeit ihre konsequente Ausgestaltung gefunden. Diese nimmt an, daß die äußeren Einflüsse wie mechanische Ursachen auf die Natur eines Organismus einwirken und ihn dementsprechend verändern. Bei Goethe sind die einzelnen Veränderungen verschiedene Äußerungen des Urorganismus, der in sich selbst die Fähigkeit hat, mannigfache Gestalten anzunehmen und in einem bestimmten Falle jene annimmt, welche den ihn umgebenden Verhältnissen der Außenwelt am angemessensten ist. Diese äußeren Verhältnisse sind bloß Veranlassung, daß die inneren Gestaltungskräfte in einer besonderen Weise zur Erscheinung kommen. Diese letzteren allein sind das konstitutive Prinzip, das Schöpferische in der Pflanze. Daher nennt es Goethe am 6. September 1787 19Italienische Reise. auch ein, - 7(51) (Ein und Alles) der Pflanzenwelt.

[ 24 ] Wenn wir nun auf diese Urpflanze selbst eingehen, so ist darüber folgendes zu sagen. Das Lebendige ist ein in sich beschlossenes Ganze, welches seine Zustände aus sich selbst setzt. Sowohl im Nebeneinander der Glieder, wie in der zeitlichen Aufeinanderfolge der Zustände eines Lebewesens ist eine Wechselbeziehung vorhanden, welche nicht durch die sinnenfälligen Eigenschaften der Glieder bedingt erscheint, nicht durch mechanischkausales Bedingtsein des Späteren von dem Früheren, sondern welche von einem höheren über den Gliedern und Zuständen stehenden Prinzipe beherrscht wird. Es ist in der Natur des Ganzen bedingt, daß ein bestimmter Zustand als der erste, ein anderer als der letzte gesetzt wird; und auch die Aufeinanderfolge der mittleren ist in der Idee des Ganzen bestimmt; das Vorher ist von dem Nachher und umgekehrt abhängig; kurz, im lebendigen Organismus ist Entwicklung des einen aus dem andern, ein Übergang der Zustände ineinander, kein fertiges, abgeschlossenes Sein des Einzelnen, sondern stetes Werden. In der Pflanze tritt dieses Bedingtsein jedes einzelnen Gliedes durch das Ganze insofern auf, als alle Organe nach derselben Grundform gebaut sind. Am 17. Mai 1787 20Italienische Reise. schreibt Goethe diesen Gedanken an Herder mit den Worten: «Es war mir nämlich aufgegangen, daß in demjenigen Organ (der Pflanze), welches wir gewöhnlich als Blatt ansprechen, der wahre Proteus verborgen liege, der sich in allen Gestaltungen verstecken und offenbaren könne. Rückwärts und vorwärts ist die Pflanze immer nur Blatt, mit dem künftigen Keime so unzertrennlich vereint, daß man sich eins ohne das andere nicht denken darf.» Während beim Tiere jenes höhere Prinzip, das jedes Einzelne beherrscht, uns konkret entgegentritt als dasjenige, welches die Organe bewegt, seinen Bedürfnissen gemäß gebraucht usw., entbehrt die Pflanze noch eines solchen wirklichen Lebensprinzipes; bei ihr offenbart sich dasselbe erst in der unbestimmteren Weise, daß alle Organe nach demselben Bildungstypus gebaut sind, ja daß in jedem Teile der Möglichkeit nach die ganze Pflanze enthalten ist und durch günstige Umstände aus demselben auch hervorgebracht werden kann. Goethe wurde dieses besonders klar, als in Rom Rat Reiffenstein bei einem Spaziergange mit ihm hier und da einen Zweig abreißend behauptete, derselbe müsse in die Erde gesteckt, fortwachsen und sich zur ganzen Pflanze entwickeln. Die Pflanze ist also ein Wesen, welches in aufeinanderfolgenden Zeiträumen gewisse Organe entwickelt, welche alle sowohl untereinander, wie jedes einzelne mit dem Ganzen nach ein und derselben Idee gebaut sind. Jede Pflanze ist ein harmonisches Ganze von Pflanzen. 21In welchem Sinne diese Einzelheiten zum Ganzen stehen, werden wir an verschiedenen Stellen Gelegenheit haben auszuführen. Wollten wir einen Begriff der heutigen Wissenschaft für ein solches Zusammenwirken von belebten Teilwesen zu einem Ganzen entlehnen, so wäre es etwa der eines Stockes» in der Zoologie. Es ist dies eine Art Staat von Lebewesen, ein Individuum, das wieder aus selbständigen Individuen besteht, ein Individuum höherer Art. Als Goethe dieses klar vor Augen stand, handelte es sich für ihn nur noch um die Einzelbeobachtungen, die es ermöglichten, die verschiedenen Stadien der Entwicklung, welche die Pflanze aus sich heraus setzt, im besonderen darzulegen. Auch dazu war schon das Nötige geschehen. Wir haben gesehen, daß Goethe schon im Frühjahr 1785 Samen untersucht hat; von Italien aus meldet er Herdern am 17. Mai 1787, daß er den Punkt, wo der Keim steckt, ganz klar und zweifellos gefunden habe. Damit war für das erste Stadium des Pflanzenlebens gesorgt. Aber auch die Einheit des Baues aller Blätter zeigte sich bald anschaulich genug. Neben zahlreichen anderen Beispielen fand Goethe in dieser Hinsicht vor allem am frischen Fenchel den Unterschied der unteren und oberen Blätter, die aber trotzdem immer dasselbe Organ sind. Am 25. März 22Italienische Reise. bittet er Herdern zu melden, daß seine Lehre von den Kotyledonen so sublimiert sei, daß man schwerlich wird weitergehen können. Es war nur noch ein kleiner Schritt zu tun, um auch die Blütenblätter, die Staubgefäße und Stempel als metamorphosierte Blätter anzusehen. Dazu konnten die Untersuchungen des englischen Botanikers Hill führen, welche damals allgemeiner bekannt wurden und die Umbildungen einzelner Blütenorgane in andere zum Gegenstande haben.

[ 25 ] Indem die Kräfte, welche das Wesen der Pflanze organisieren, ins wirkliche Dasein treten, nehmen sie eine Reihe räumlicher Gestaltungsformen an. Es handelt sich nun um den lebendigen Begriff, welcher diese Formen rückwärts und vorwärts verbindet.

[ 26 ] Wenn wir die Metamorphosenlehre Goethes, wie sie uns aus dem Jahre 1790 vorliegt, betrachten, so finden wir darinnen, daß bei Goethe dieser Begriff der des wechselnden Ausdehnens und Zusammenziehens ist. Im Samen ist die Pflanzenbildung am stärksten zusammengezogen (konzentriert). Mit den Blättern erfolgt hierauf die erste Entfaltung, Ausdehnung der Bildungskräfte. Was im Samen auf einen Punkt zusammengedrängt ist, das tritt in den Blättern räumlich auseinander. Im Kelche ziehen sich die Kräfte wieder an einem Achsenpunkte zusammen; die Krone wird durch die nächste Ausdehnung bewirkt; Staubgefäße und Stempel entstehen durch die nächste Zusammenziehung; die Frucht durch die letzte (dritte) Ausdehnung, worauf sich die ganze Kraft des Pflanzenlebens (dies entelechische Prinzip) wieder im höchst zusammengezogenen Zustande im Samen verbirgt. Während wir nun so ziemlich alle Einzelheiten des Metamorphosengedankens bis zur endlichen Verwertung in dem 1790 erschienenen Aufsatze verfolgen können, wird es mit dem Begriffe der Ausdehnung und Zusammenziehung nicht so leicht gehen. Doch wird man nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß dieser übrigens tief in Goethes Geist wurzelnde Gedanke auch schon in Italien mit dem Begriffe der Pflanzenbildung verwebt wurde. Da der Inhalt dieses Gedankens die durch die bildenden Kräfte bedingte größere oder geringere räumliche Entfaltung ist, also in dem liegt, was sich an der Pflanze dem Auge unmittelbar darbietet, so wird er wohl dann am leichtesten entstehen, wenn man den Gesetzen der natürlichen Bildung gemäß die Pflanze zu zeichnen unternimmt. Nun fand Goethe in Rom einen strauchartigen Nelkenstock, welcher ihm die Metamorphose besonders klar zeigte. Darüber schreibt er nun: «Zur Aufbewahrung dieser Wundergestalt kein Mittel vor mir sehend, unternahm ich es, sie genau zu zeichnen, wobei ich immer zu mehrerer Einsicht in den Grundbegriff der Metamorphose gelangte.» 23Italienische Reise / Störende Naturbetrachtungen; vgl. auch den Brief Goethes an Knebel vom 18. Aug. 1787 (WA 8, 251). Solche Zeichnungen sind vielleicht noch öfters gemacht worden und dies konnte dann zu dem in Rede stehenden Begriff führen.*

[ 27 ] Im September 1787 bei seinem zweiten Aufenthalte in Rom trägt Goethe seinem Freunde Moritz die Sache vor; er findet dabei, wie lebendig, anschaulich die Sache bei einem solchen Vortrage wird. Es wird immer auf geschrieben, wie weit sie gekommen sind. Aus dieser Stelle und einigen anderen Äußerungen Goethes erscheint es wahrscheinlich, daß auch die Niederschrift der Metamorphosenlehre wenigstens aphoristisch noch in Italien geschehen ist. Er sagt weiter: «Auf diese Art - im Vortrage mit Moritz - konnt' ich allein etwas von meinen Gedanken zu Papier bringen.» 24Italienische Reise, 28. Sept. 1787. Es ist nun keine Frage, daß am Ende des Jahres 1789 und am Anfange des Jahres 1790 die Arbeit in der Gestalt, wie sie uns jetzt vorliegt, niedergeschrieben wurde; allein Inwieweit diese letztere Niederschrift bloß redaktioneller Natur war und was noch hinzukam, das wird schwer zu sagen sein. Ein für die nächste Ostermesse angekündigtes Buch, welches etwa dieselben Gedanken hätte enthalten können, verleitete ihn im Herbste 1789, seine Ideen vorzunehmen und ihre Veröffentlichung zu befördern. Am 20. November schreibt er dem Herzoge, daß er angespornt sei, seine botanischen Ideen zu schreiben. Am 18. Dezember überschickt er die Schrift bereits dem Botaniker Batsch in Jena zur Durchsicht; am 20. geht er selbst dorthin, um sich mit Batsch zu besprechen; am 22. meldet er Knebel, daß Batsch die Sache gut aufgenommen habe. Er kehrt nach Hause zurück, arbeitet die Schrift noch einmal durch, überschickt sie dann wieder an Batsch, der sie am 19. Januar 1790 zurückschickt. Welche Erlebnisse nun die Handschrift sowohl wie die Druckschrift machte, hat Goethe selbst ausführlich erzählt (siehe Natw. Schr., 1. Bd. [S. 91ff.]). Die große Bedeutung der Metamorphosenlehre, sowie das Wesen derselben im einzelnen werden wir unten [570ff.] in dem Aufsatze: «Über das Wesen und die Bedeutung von Goethes Schriften über organische Bildung» abhandeln.

2 The origin of the theory of metamorphosis

[ 1 ] If one traces the genesis of Goethe's thoughts on the formation of organisms, it is all too easy to doubt the part that can be attributed to the poet's youth, i.e. the time before he came to Weimar. Goethe himself thought very little of his scientific knowledge at this time: "Of that ... which is actually called external nature, I had no conception and not the slightest knowledge of its so-called three kingdoms." (See Goethe's scientific writings in Kürschner's German National Literature, 4abbreviated as Natw. Schr. in the following. Volume 1 [p. 64]). Based on this statement, one usually thinks of the beginning of his scientific thinking only after his arrival in Weimar. Nevertheless, it seems necessary to go back even further if one does not want to leave the whole spirit of his views unexplained. The invigorating force that steered his studies in the direction we will describe later is already evident in his earliest youth.

[ 2 ] When Goethe arrived at the Leipzig University, the scientific endeavors there were still dominated by the spirit that is characteristic of a large part of the eighteenth century and which divided the entire science into two extremes that no one felt the need to unite. On the one side stood the philosophy of Christian Wolff (1679-1754), which moved entirely within an abstract element; on the other, the individual branches of science, which lost themselves in the external description of infinite details and lacked any endeavor to seek out a higher principle in the world of their objects. That philosophy could not find its way out of the sphere of its general concepts into the realm of immediate reality, of individual existence. There the most self-evident things were treated in great detail. One learned that the thing was a something that had no contradiction in itself, that there were finite and infinite substances, etc. But if we approached the things themselves with these generalities in order to understand their workings and life, we were at a complete loss; we could not apply these concepts to the world in which we live and which we want to understand. But the things around us were described in a rather unprincipled way, purely according to appearance, according to their external characteristics. A science of principles, which lacked the living content, the loving immersion in immediate reality, and an unprincipled science, which lacked the ideal content, stood opposite each other without mediation, each unfruitful for the other. Goethe's healthy nature found itself equally repelled by both one-sidednesses 5see "Dichtung und Wahrheit", II. Teil, 6. Buch. and in conflict with them he developed ideas that later led him to that fruitful conception of nature in which idea and experience mutually enliven each other in all-round interpenetration and become a whole.

[ 3 ] The concept that those extremes were least able to grasp therefore developed first in Goethe: the concept of life. A living being, when we look at its external appearance, presents us with a number of details that appear to us as its limbs or organs. The description of these limbs, according to their form, mutual position, size, etc., can form the subject of extensive discourse, to which the second of the directions we have described is devoted. But any mechanical composition of inorganic bodies can also be described in this way. It has been entirely forgotten that in the case of the organism it must above all be noted that here the external appearance is governed by an internal principle, that in every organ the whole is at work. This external appearance, the spatial juxtaposition of the limbs, can also be observed after the destruction of life, for it continues for a time. But what we have before us in a dead organism is in truth no longer an organism. The principle that permeates all details has disappeared. The contemplation that destroys life in order to recognize life is countered early on by Goethe with the possibility and the need for a higher one. We can already see this in a letter from the Strasbourg period of 14. July 1770, where he speaks of a butterfly: "The poor animal trembles in the net, strips off its most beautiful colors; and even if one catches it unharmed, it is finally stiff and lifeless; the corpse is not the whole animal, something else belongs to it, another main piece and on this occasion, as on every other, a main main piece: life [WA 1, 238] The words in "Faust" [1. Part/Study Room] originated from this:

[ 4 ] "Who wants to recognize and describe something living,
First seeks to drive out the spirit; Then he has the parts in his hand,
Missing, alas! only the spiritual bond."

[ 5 ] However, Goethe did not stop at this negation of a conception, as is to be expected given his nature, but rather sought to develop his own more and more, and in the hints we have of his thinking from 1769-1775 we often recognize the seeds of his later works. Here he develops the idea of a being in which each part animates the others, in which one principle permeates all details. In "Faust" [Part 1/Night] it says:

[ 6 ] "How everything weaves itself into the whole,
one working and living in the other."

[ 7 ] and in "Satyros" [Act 4]:

[ 8 ] "As in the Unding the primal thing quenched,
Light's power resounded through the night,
Pervading the depths of beings all, That burgeoning surge of desire
And the elements opened up,
With hunger poured into each other,
All-pervading, all-pervading."

[ 9 ] This being is conceived in such a way that it is subject to constant change in time, but that in all stages of change only one being is revealed, which asserts itself as the enduring, constant in change. The "Satyros" goes on to say of this primal thing:

[ 10 ] "And rolling up and down went
The all and one and eternal thing,
Always changing, always constant! "

[ 11 ] Compare this with what Goethe wrote in 1807 as an introduction to his theory of metamorphosis: "But if we look at all forms, especially the organic ones, we find that nowhere is there an existing thing, nowhere a resting, a completed thing, but rather that everything fluctuates in a constant movement." (Natw. Schr., 1st vol. [p. 8]) He contrasts this fluctuation with the idea or "something held fast in experience only for the moment" as the permanent. One will recognize clearly enough from the above passage from "Satyros" that the foundation for the morphological thoughts had already been laid in the time before he entered Weimar.

[ 12 ] What must be noted, however, is that this idea of a living being is not immediately applied to a single organism, but that the whole universe is presented as such a living being. Of course, the reason for this is to be found in the alchymistic works with Fräulein von Klettenberg and in the reading of Theophrastus Paracelsus after his return from Leipzig (1768/69). The attempt was made to capture the principle that pervades the entire universe by some attempt to represent it in a material. 6"Poetry and Truth", Part II, Book 8. However, this mystical way of viewing the world was only a temporary episode in Goethe's development and soon gave way to a healthier and more objective approach. The view of the entire universe as one large organism, as we have seen above in the passages from "Faust" and "Satyros", remained intact until around 1780, as we will see later in the essay "Nature". It confronts us once again in "Faust", namely where the earth spirit is depicted as the life principle that permeates the All-Organism [1st part/night]:

[ 13 ] "In floods of life, in the storm of deeds
I wall up and down,
weaving back and forth!
Birth and grave,
An eternal sea,
A changing weaving,
A glowing life."

.

[ 14 ] While certain views were developing in Goethe's mind, a book came into his hands in Strasbourg that sought to emphasize a world view that was precisely the opposite of his own. It was Holbach's "Système de la nature". 7"Dichtung und Wahrheit", III. part, 11. book. If until then he had only had to criticize the fact that living things were described like a mechanical accumulation of individual things, in Holbach he was able to get to know a philosopher who really regarded living things as a mechanism. What there arose merely from an inability to recognize life at its root led here to a dogma that killed life. Goethe says about this in "Dichtung und Wahrheit" (Part III, Book 11): "A matter should be from eternity, and moved from eternity, and should now with this movement right and left and to all sides, without further ado, bring forth the infinite phenomena of existence. We would even have been satisfied with all this if the author had really built up the world before our eyes from his moving matter. But he may have known as little of nature as we do; for, by piling up a few general concepts, he immediately abandons them in order to transform that which appears higher than nature, or as higher nature in nature, into material, heavy, moving, but nevertheless directionless and formless nature, and thereby believes he has gained quite a lot." Goethe could find nothing in it but "moving matter" and, in contrast to this, his concepts of nature became ever clearer. We find them presented in context in his essay "Nature", 8Natw. Schr., 2nd vol, p. 5 ff.; regarding this essay, see also Rudolf Steiner's remarks in "Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung", Complete Edition Dornach 1960, p. 138 (note to p. 28) and "Methodische Grundlagen der Anthroposophie 1884-1901", Complete Edition Dornach 1961, p. 320ff. which was written around the year 1780. Since all of Goethe's thoughts on nature, which we have only found scattered hints of until then, are compiled in this essay, it takes on a special significance. The idea of a being that is in a constant state of change and yet always remains identical confronts us here: "Everything is new and always the same." "It (nature) is eternally changing, and there is not a moment of stasis in it," but "its laws are immutable." We will see later that Goethe is looking for the one original plant in the infinite number of plant forms. We also find this thought already hinted at here: "Each of its (nature's) works has its own essence, each of its phenomena the most isolated concept, and yet everything makes one." Indeed, even the position he later adopted towards exceptional cases, namely not to regard them simply as errors of formation, but to explain them in terms of natural laws, is already very clearly expressed here: "Even the most unnatural is nature" and "its exceptions are rare." 9For the authorship of this essay, see note 1 at the end of this publication. [Rudolf Steiner had intended to write annotations for the special edition of the "Complete Introductions to Goethe's Scientific Writings", 1st-5th edition, Dornach 1926, in this and a further 35 passages already designated by him - all of these passages have one in the present text. He was no longer able to realize this intention.

[ 15 ] We have seen that Goethe had already formed a certain concept of an organism before he came to Weimar. For although the essay "Nature" mentioned above was not written until long after his arrival, it largely contains Goethe's earlier views. He had not yet applied this concept to a specific genus of natural objects, to individual beings. This required the concrete world of living beings in immediate reality. The reflection of nature that had passed through the human mind was not at all the element that could inspire Goethe. The botanical conversations with Hofrat Ludwig in Leipzig remained without any deeper effect, as did the table talks with his medical friends in Strasbourg. With regard to scientific studies, the young Goethe appears to us entirely as Faust, lacking the freshness of the original view of nature, who expresses his longing for it with the words [1st part/night]:

[ 16 ] "Ah! could I but walk on mountain heights In thy (the moon's) dear light, Float around mountain caves with spirits, Weave on meadows in thy twilight."

[ 17 ] It seems to us like a fulfillment of this longing when, on his arrival in Weimar, he is allowed to "exchange parlour and city air for a country, forest and garden atmosphere" (Natw. Schr., 1st vol., p. 64).

[ 18 ] We must regard the poet's occupation with planting plants in the garden given to him by Duke Karl August as the direct stimulus for studying plants. Goethe received it on April 21, 1776, and from then on the "Diary" published by R. Keil often reports on Goethe's work in this garden, which became one of his favorite activities. The Thuringian Forest offered him a further field for his endeavors in this direction, where he also had the opportunity to get to know the lower organisms in their living phenomena. He was particularly interested in mosses and lichens. On October 31, 1777, he asked Frau von Stein for mosses of all kinds, possibly with roots and moist, so that they could reproduce. It must seem highly significant to us that Goethe was already concerned here with this deep-rooted world of organisms and later derived the laws of plant organization from the higher plants. In consideration of this circumstance, we must not, as many do, attribute this to an underestimation of the importance of the less developed beings, but to a fully conscious intention.

[ 19 ] Now the poet no longer leaves the realm of plants. Linné's writings may well have been undertaken very early on. We first learn of his acquaintance with them from his letters to Frau von Stein in 1782.

[ 20 ] Linné's aim was to bring a systematic overview to the knowledge of plants. A certain order was to be found in which each organism was to be placed in a specific position so that it could be easily found at any time, indeed so that one would have a means of orientation in the boundless quantity of details. For this purpose, the organisms had to be examined according to their degree of relationship and grouped accordingly. Since the main aim was to recognize each plant and easily find its place in the system, particular attention had to be paid to those characteristics that distinguish the plants from one another. In order to make it impossible to confuse one plant with another, these distinguishing characteristics were sought out in particular. Linné and his students considered the external features, size, number and position of the individual organs to be characteristic. The plants were arranged in a row in this way, but in the same way as a number of inorganic bodies could have been arranged: according to characteristics that were taken from the appearance, not from the inner nature of the plant. They appeared in an external juxtaposition, without any inner, necessary connection. Given the important concept Goethe had of the nature of a living being, this approach could not satisfy him. Nowhere had the essence of the plant been investigated. Goethe had to ask himself the question: What is the "something" that makes a certain being of nature a plant? He also had to recognize that this something occurs in the same way in all plants. And yet there was the infinite diversity of individual beings that needed to be explained. How is it that this One manifests itself in such diverse forms? These were probably the questions that Goethe raised when reading Linné's writings, for he says of himself: "That which he - Linné - sought by force to keep apart, must, according to the innermost need of my being, strive to unite." 10Cf. Natw. Schr., 1st vol. [p. 68].

[ 21 ] At about the same time as Goethe's first acquaintance with Linné, he also became acquainted with Rousseau's botanical endeavors. On June 16, 1782, Goethe wrote to [Duke] Karl August: "In Rousseau's works there are some very lovely letters on botany, in which he presents this science to a lady in the most comprehensible and delicate way. It is quite a model of how to teach and a supplement to Emil. I therefore take this opportunity to recommend the beautiful realm of flowers to my beautiful friends anew." [WA 5, 347] Rousseau's endeavors in botany must have made a deep impression on Goethe. The emphasis on a nomenclature that emerges from the nature of plants and corresponds to it, the originality of observation, the observation of the plant for its own sake, apart from all the principles of utility that we encounter in Rousseau, all this was entirely in Goethe's spirit. What both had in common was that they had come to the study of plants not through a specific scientific endeavor, but through general human motives. The same interest tied them to the same subject.

[ 22 ] The next in-depth observations of the plant world were made in 1784, when Wilhelm Freiherr von Gleichen, known as Rußwurm, published two works that dealt with studies that were of great interest to Goethe: "Das Neueste aus dem Reiche der Pflanzen" (Nuremberg 1764) and "Auserlesene mikroskopische Entdeckungen bei Pflanzen, Blumen und Blüten, Insekten und anderen Merkwürdigkeiten" (Nuremberg 1777-81). Both writings dealt with the fertilization processes of plants. The pollen, stamens and pistils were carefully examined and the processes involved were illustrated on beautifully executed plates. Goethe now copied these investigations. On January 12, 1785, he wrote to Frau von Stein: "A microscope has been set up to observe and check the experiments of v. Gleichen, called Rußwurm, at the beginning of spring." [WA 7, 8] In the same spring, the nature of semen was also studied, as a letter to Knebel dated April 2, 1785 shows: "I have thought through the matter of semen as far as my experience goes." [WA 7, 36]. [WA 7, 36] Goethe was not concerned with the individual in all these investigations; the aim of his endeavors was to explore the essence of the plant. On April 8, 1785, he reported to Merck that he had made "pretty discoveries and combinations in botany". [WA 7, 41] The expression combinations also proves that he was aiming to create a picture of the processes in the plant world by thinking. The study of botany was now rapidly approaching a specific goal. We must, of course, remember that Goethe discovered the intermediate bone in 1784, of which we shall speak explicitly below, and that he had thus moved a significant step closer to the secret of how nature proceeds in the formation of organic beings. We must also remember that the first part of Herder's "Ideas on the Philosophy of History" was completed in 1784, and that conversations between Goethe and Herder on matters of nature were very frequent at that time. Thus Frau von Stein reported to Knebel on May 1, 1784: "Herder's new writing makes it probable that we were first plants and animals ... Goethe is now brooding over these things in a thoughtful way and everything that has passed through his imagination is becoming extremely interesting." [On German Literature and History, ed. by H. Düntzer, vol. 1, Nuremberg 1857, p. 120]. We can see from this the nature of Goethe's interest in the greatest questions of science at that time. His reflections on the nature of plants and the combinations he made about them in the spring of 1785 must therefore seem quite explicable to us. In mid-April of that year he went to Belvedere specifically to resolve his doubts and questions, and on June 15 [1786!] he wrote the following to Frau von Stein: "I cannot express to you how legible the book of nature is becoming to me, my long spelling has helped me, now it suddenly jolts, and my silent joy is inexpressible." [WA 7, 229] Shortly beforehand, he even wants to write a short botanical treatise for Knebel in order to win him over to this science. 11"I would gladly send you a little botanical lesson, if only it had already been written." [Letter to Knebel dated] April 2, 1785 [WA 7, 36] He was so attracted to botany that his journey to Karlsbad, which he set off on June 20, 1785 to spend the summer there, became a botanical study trip. Knebel accompanied him. Near Jena, they met a 17-year-old youth, [Friedrich Gottlieb] Dietrich, whose tin drum showed that he had just returned from a botanical excursion. We learn more about this interesting journey from Goethe's "History of my botanical studies" and from some notes by [Ferdinand] Cohn 12"Deutsche Rundschau" (Berlin etc.) Vol. XXVIII (July-Sept.) 1881, p. 34 f. in Breslau, who was able to borrow the same from a manuscript by Dietrich. In Karlsbad, botanical discussions now often provide pleasant entertainment. Back home, Goethe devoted himself with great energy to the study of botany; he made observations on fungi, mosses, lichens and algae on the basis of Linné's Philosophia 13Karl von Linné "philosophia botanica", Stockholm 1751, as we can see from his letters to Frau von Stein. Only now, when he had already thought and observed many things himself, did Linné become more useful to him, providing him with information on many details that helped him with his combinations. On November 9, 1785, he wrote to Frau von Stein: "I continue to read Linné, for I must, I have no other book. It is certainly the best way to read a book, which I must practise often, especially as I do not easily finish a book. This, however, is not primarily made for reading, but for recapitulating, and is now doing me the most excellent service, since I have thought about most of the points myself." [WA 7, 118] During these studies, it became increasingly clear to him that it is only a basic form that appears in the infinite number of individual plants; this basic form itself also became increasingly clear to him, and he also realized that in this basic form lies the capacity for infinite variation, whereby diversity is produced from unity. On July 9, 1786, he wrote to Frau von Stein: "It is an awareness of . . . . form, with which nature, as it were, only ever plays and playfully brings forth manifold life." [WA 7, 242] Now it was above all a question of forming the permanent, enduring, that archetypal form with which nature plays, as it were, into a sculptural image. This required an opportunity to separate the truly constant, enduring in plant form from the changing, impermanent. Goethe had still explored too small an area for observations of this kind. He had to observe one and the same plant under different conditions and influences; for only in this way does the changeable really come into view. We notice it less in plants of different species. All this was brought about by the delightful journey to Italy, which he started on September 3 from Karlsbad. Many observations had already been made on the flora of the Alps. He not only found new plants that he had never seen before, but also plants that he already knew, but had changed. "If in the lower regions the branches and stems were stronger and sturdier, the eyes closer together and the leaves broad, then higher up in the mountains the branches and stems became more delicate, the eyes moved apart so that there was a larger gap from node to node and the leaves became more lance-shaped. I noticed this on a willow and a Gentiana and convinced myself that they were not different species. I also noticed longer and more slender rushes at Walchensee than in the Unterlande". 14Italian journey, Oct. 8, 1786. Similar observations were repeated. In Venice by the sea, he discovered various plants that showed him properties that only the old salt of the sandy soil, but more the salty air, could give them. He found a plant that seemed to him like our "innocent coltsfoot", "but here it was armed with sharp weapons and the leaves were like leather, as were the seed capsules, the stems, everything was fleshy and fat." 15Italian Journey, Sept. 8, 1786. Goethe saw all the external characteristics of the plant, everything about it that was apparent to the eye, unstable, changing. He draws the conclusion that the essence of the plant does not lie in these characteristics, but must be sought more deeply. Darwin's observations were similar to Goethe's when he expressed his doubts about the constancy of the external forms of genera and species. The results drawn by the two, however, are quite different. While Darwin considers the essence of the organism to be exhausted in those characteristics and draws the conclusion from the variability: Therefore there is nothing constant in the life of plants, Goethe goes deeper and draws the conclusion: If those properties are not constant, then the constant must be sought in another, which underlies those changeable externalities. Goethe's aim is to develop the latter, while Darwin's endeavors are directed towards investigating and explaining the causes of this variability in detail. Both approaches are necessary and complement each other. It would be quite wrong to believe that Goethe's greatness in organic science lies in the fact that we see in him the mere forerunner of Darwin. His approach is much broader; it comprises two sides: 1. the type, i.e. the lawfulness that manifests itself in the organism, the animal-being in the animal, the life that develops out of itself, which has the power and ability to develop into manifold external forms (species, genera) through the possibilities that lie within it. 2. the interaction between the organism and inorganic nature and between the organisms themselves (adaptation and struggle for existence). Darwin only developed the latter side of organicism. It cannot therefore be said that Darwin's theory is the development of Goethe's basic ideas, but is merely the development of one side of the latter. It looks only at those facts which cause the world of living beings to develop in a certain way, but not at that "something" on which those facts have a determining effect. If one side alone is pursued, it can by no means lead to a complete theory of organisms; it must be pursued essentially in the spirit of Goethe, it must be supplemented and deepened by the other side of his theory. A simple comparison will make the matter clearer. Take a piece of lead, make it liquid by heating it and then pour it into cold water. The lead has gone through two successive stages of its state; the first was caused by the higher temperature, the second by the lower temperature. How the two stages develop depends not only on the nature of the heat, but also essentially on that of the lead. A different body would show completely different states when put through the same media. Organisms, too, allow themselves to be influenced by the media surrounding them; they, too, induced by the latter, assume different states, and indeed entirely according to their nature, according to that essence which makes them organisms. And this essence can be found in Goethe's ideas. He who is equipped with the understanding of this essence will only be able to comprehend why the organisms respond (react) to certain causes in just such a way and no other. Such a person will only be able to form the correct ideas about the variability of the manifestations of organisms and the associated laws of adaptation and the struggle for existence. 16Needless to say, this is not intended to cast doubt on the modern theories of descent or to limit their claims; on the contrary, it creates a secure basis for them.

[ 23 ] The idea of the primordial plant develops ever more definitely and clearly in Goethe's mind. In the botanical garden in Padua (Italian Journey, Sept. 27, 1786), where he walked among vegetation that was unfamiliar to him, the "thought that all plant forms could perhaps be developed from one" became more and more vivid to him. On November 17, 1786, he wrote to Knebel: "My little botany makes me even happier in these lands, where a happier, less interrupted vegetation is at home. I have already made some very kind, general remarks, which will also be pleasant for you in the future." [WA 8, 58] On February 19, 1787 (see Italian Journey), he wrote in Rome that he was on his way to "discovering new beautiful relationships, how nature develops such a monstrosity, which looks like nothing, from the simple into the most varied." On March 25, he asked Herdern to tell him that he would soon be finished with the original plant. On April 17 (see Italian Journey), in Palermo, he writes down the words: "There must be such a plant! How else would I recognize that this or that structure is a plant if they were not all formed according to one pattern?" He has in mind the complex of laws of formation which organize the plant, make it what it is and through which we arrive at the thought of a certain object of nature: This is a plant -, this is the primordial plant. As such it is an ideal, something to be grasped only in thought; but it acquires form, it acquires a certain shape, size, color, number of organs, and so on. This external form is not something fixed, but can undergo infinite changes, all of which are in accordance with that complex of laws of formation, from which they necessarily follow. Once one has grasped those laws of formation, that archetype of the plant, one has captured in the idea that which, as it were, underlies nature in every single plant individual and from which it derives the same as a consequence and allows it to develop. Indeed, one can even invent plant forms in accordance with this law, which could necessarily follow from the nature of the plant and exist if the necessary conditions were met. Goethe thus seeks, as it were, to reproduce in his mind what nature accomplishes in the formation of its creatures. On 17 May 1787, he writes 17Italian Journey to Herder: "Furthermore, I must trust you that I am very close to the secret of plant production and organization and that it is the simplest thing that can be conceived... The primordial plant will be the most marvelous creature in the world, which nature itself should envy me for. With this model and the key to it, one can then invent plants into infinity, which must be consistent, that is, which, even if they do not exist, could exist and are not picturesque or poetic shadows and appearances, but have an inner truth and necessity. The same law can be applied to all other living things." A further difference between Goethe's view and Darwin's emerges here, especially when one considers how the latter is usually represented. 18We have less in mind here the evolutionary theory of those naturalists who stand on the ground of sensuous empiricism than the theoretical foundations, the principles on which Darwinism is based. Above all, of course, the Jena School with Haeckel at its head; in this spirit of the first rank, the Darwinian doctrine with all its one-sidedness has probably found its consistent formulation. This assumes that external influences act like mechanical causes on the nature of an organism and change it accordingly. For Goethe, the individual changes are different manifestations of the primordial organism, which in itself has the ability to take on manifold forms and in a particular case adopts the one that is most appropriate to the surrounding conditions of the external world. These external conditions are merely the occasion for the inner formative forces to manifest themselves in a particular way. The latter alone are the constitutive principle, the creative force in the plant. This is why Goethe on September 6, 1787 19Italian Journey also calls it a, - 7(51) (One and All) of the plant world.

[ 24 ] If we now turn to this primordial plant itself, we can say the following about it. The living organism is a self-contained whole, which determines its states from within itself. Both in the juxtaposition of the members and in the temporal succession of the states of a living being there is an interrelation which does not appear to be conditioned by the sensory properties of the members, not by the mechanical-causal conditionality of the later from the earlier, but which is governed by a higher principle standing above the members and states. It is conditioned in the nature of the whole that a certain state is set as the first, another as the last; and also the succession of the middle ones is determined in the idea of the whole; the before is dependent on the after and vice versa; in short, in the living organism there is development of the one from the other, a transition of the states into one another, not a finished, completed being of the individual, but constant becoming. In the plant, this conditionality of each individual member by the whole occurs insofar as all organs are built according to the same basic form. On May 17, 1787 20Italian Journey, Goethe wrote this thought to Herder with the words: "For it had occurred to me that in that organ (of the plant) which we usually address as a leaf lies hidden the true Proteus, which can hide and reveal itself in all forms. Backwards and forwards the plant is always only a leaf, so inseparably united with the future germ that one cannot imagine one without the other." Whereas in the animal that higher principle which governs each individual thing confronts us concretely as that which moves the organs, uses them according to its needs, etc., the plant still lacks such a real principle of life; in it it only reveals itself in the more indeterminate way that all organs are built according to the same type of formation, indeed that the whole plant is contained in each part according to possibility and can also be produced from it by favorable circumstances. This became particularly clear to Goethe when, while walking with him in Rome, Councilor Reiffenstein claimed, tearing off a twig here and there, that it must be stuck in the ground, grow and develop into a whole plant. The plant is therefore a being that develops certain organs in successive periods of time, all of which are built according to one and the same idea, both among themselves and individually with the whole. Every plant is a harmonious whole of plants. 21We will have occasion to explain in various places how these details relate to the whole. If we were to borrow a term from modern science for such an interaction of animate parts to form a whole, it would be that of a "stick" in zoology. It is a kind of state of living beings, an individual that again consists of independent individuals, an individual of a higher kind. When Goethe had this clearly in mind, he was only concerned with the individual observations that made it possible to describe in detail the various stages of development that the plant sets out of itself. For this, too, the necessary work had already been done. We have seen that Goethe had already examined seeds in the spring of 1785; on May 17, 1787, he reported to Herdern from Italy that he had found the point where the germ was located quite clearly and without a doubt. The first stage of plant life was thus taken care of. But the unity of the structure of all leaves also soon became clear enough. Among numerous other examples, Goethe found the difference between the lower and upper leaves, which are nevertheless always the same organ, particularly in fresh fennel. On March 25 22Italian journey he asked Herdern to report that his doctrine of the cotyledons was so sublimated that it would be difficult to go any further. It was only a small step to go before the petals, stamens and pistils could also be regarded as metamorphosed leaves. The investigations of the English botanist Hill, which became more widely known at the time and dealt with the transformation of individual flower organs into others, could lead to this.

[ 25 ] When the forces that organize the essence of the plant come into actual existence, they take on a series of spatial forms. It is now a question of the living concept that connects these forms backwards and forwards.

[ 26 ] If we look at Goethe's theory of metamorphosis as it is available to us from the year 1790, we find that in Goethe this concept is one of alternating expansion and contraction. Plant formation is most strongly contracted (concentrated) in the seed. The first unfolding and expansion of the formative forces takes place with the leaves. What is condensed to one point in the seed is spatially dispersed in the leaves. In the calyx the forces contract again at an axial point; the crown is brought about by the next expansion; stamens and pistils are formed by the next contraction; the fruit by the last (third) expansion, whereupon the whole force of plant life (this entelechical principle) is again concealed in the most contracted state in the seed. While we can now follow almost all the details of the idea of metamorphosis up to its final utilization in the essay published in 1790, it will not be so easy with the concept of expansion and contraction. But one will not be mistaken if one assumes that this idea, which by the way is deeply rooted in Goethe's mind, was already interwoven with the concept of plant formation in Italy. Since the content of this idea is the greater or lesser spatial unfolding caused by the forming forces, i.e. in what the plant immediately presents to the eye, it will probably arise most easily if one undertakes to draw the plant according to the laws of natural formation. Now Goethe found a shrub-like carnation bush in Rome, which showed him the metamorphosis particularly clearly. He now writes about it: "Seeing no means of preserving this miraculous form, I undertook to draw it precisely, whereby I gained more and more insight into the basic concept of metamorphosis." 23Italienische Reise / Störende Naturbetrachtungen; cf. also Goethe's letter to Knebel of August 18, 1787 (WA 8, 251). Such drawings may have been made more often and this could then have led to the concept in question.*

[ 27 ] In September 1787, during his second stay in Rome, Goethe presented the matter to his friend Moritz; he found how lively and vivid the matter became in such a presentation. It is always written down how far they have come. From this passage and several other statements by Goethe, it seems likely that the writing of the Metamorphosis Theory, at least aphoristically, also took place in Italy. He goes on to say: "In this way - in conversation with Moritz - I alone was able to put some of my thoughts on paper." 24Italian journey, Sept. 28, 1787. There is now no question that at the end of 1789 and the beginning of 1790 the work was written down in the form in which it is now before us; but to what extent this latter writing was of a purely editorial nature and what else was added will be difficult to say. A book announced for the next Easter Fair, which could have contained roughly the same ideas, tempted him in the autumn of 1789 to undertake his ideas and promote their publication. On November 20, he wrote to the Duke that he was inspired to write his botanical ideas. On December 18, he sends the manuscript to the botanist Batsch in Jena for review; on the 20th, he goes there himself to discuss it with Batsch; on the 22nd, he reports to Knebel that Batsch has received the matter well. He returns home, works through the manuscript again, then sends it back to Batsch, who returns it on January 19, 1790. Goethe himself has told us in detail what experiences the manuscript and the printed work had (see Natw. Schr., 1st vol. [pp. 91ff.]). The great significance of the doctrine of metamorphosis, as well as its essence in detail, will be dealt with below [570ff.] in the essay: "Über das Wesen und die Bedeutung von Goethes Schriften über organische Bildung".