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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Aufsätze uber die Dreigliederung des sozialen Organismus
GA 24

Leitgedanken für eine zu gründende Unternehmung

(November 1920)

Notwendig ist die Gründung eines bankähnlichen Instituts, das in seinen finanziellen Maßnahmen wirtschaftlichen und geistigen Unternehmungen dient, die im Sinne der anthroposophisch orientierten Weltanschauung sowohl nach ihren Zielen, wie nach ihrer Haltung orientiert sind. Unterschieden von den gewöhnlichen Bankunternehmungen soll dieses dadurch sein, daß es nicht nur den finanziellen Gesichtspunkten dient, sondern den realen Operationen, die durch das Finanzielle getragen werden. Es wird daher vor allem darauf ankommen, daß die Kredite etc. nicht auf dem Wege zustande kommen, wie dies im gewöhnlichen Bankwesen geschieht, sondern aus den sachlichen Gesichtspunkten, die für eine Operation in Betracht kommen, die unternommen werden soll. Der Bankier soll also weniger den Charakter des Leihers, als vielmehr den des in der Sache drinnenstehenden Kaufmanns haben, der mit gesundem Sinne die Tragweite einer zu finanzierenden Operation ermessen und mit Wirklichkeitssinn die Einrichtungen zu ihrer Ausführung treffen kann.

Es wird sich dabei hauptsächlich um die Finanzierung solcher Unternehmungen handeln, die geeignet sind, das wirtschaftliche Leben auf einen gesunden assoziativen Boden zu stellen und das geistige Leben so zu gestalten, daß berechtigte Begabungen in eine Position gebracht werden, durch die ihre Begabung in einer sozial fruchtbaren Art sich ausleben können. Worauf es besonders ankommt, ist, daß zum Beispiel Unternehmungen entriert werden, die augenblicklich gut rentieren, um mit ihrer Hilfe andere Unternehmungen zu tragen, die erst in späterer Zeit und vor allem durch die jetzt in sie zu gießende Geistessaat, die erst nach einiger Zeit aufgehen kann, wirtschaftliche Frucht bringen können.

Für die Beamten des Bankunternehmens ist es notwendig, daß sie eine Einsicht darin haben, wie die Lebensansicht, die mit der Anthroposophie gegeben ist, sich in wirtschaftlich fruchtbare Wirksamkeit umsetzt. Dazu ist notwendig, daß ein streng assoziatives Verhältnis hergestellt wird zwischen den Bankverwaltern und denen, die durch ihre ideelle Wirksamkeit das Verständnis für eine ins Leben zu setzende Unternehmung fördern können.

Ein Beispiel: eine Persönlichkeit hat eine Idee, die eine wirtschaftliche Fruchtbarkeit verspricht. Die Vertreter des Ideellen der Weltanschauung können Verständnis hervorrufen für die sozialen Folgen. Ihre Tätigkeit wird finanziell mitgetragen aus den aufzunehmenden Beträgen, die zugleich wirtschaftlich und technisch die Verwirklichung der Idee tragen sollen.

Im Mittelpunkt muß stehen, die Zentralen der anthroposophisch orientierten Geistesbewegung selbst zu tragen. Der Bau in Dornach kann zum Beispiel zunächst nichts tragen; dennoch wird er einen mächtigen auch wirtschaftlichen Ertrag in späterer Zeit bewirken. Es muß Verständnis dafür hervorgerufen werden, daß ihn jeder auch bei Achtung seines finanziellen Gewissens fördern kann, wenn er nur mit der materiellen Fruchtbarkeit in einer längeren Zeit rechnet.

Die Unternehmung muß auf der Erkenntnis ruhen, daß die technische, finanzielle etc. Tätigkeit Zweige entfalten kann, die zwar für den einzelnen Unternehmer zeitweilig günstige Resultate liefern, die aber im Zusammenhange der sozialen Ordnung zerstörend wirken. In dieser Art waren viele Unternehmungen der neuesten Art orientiert. Man fruktifizierte sie, und gerade durch ihre Fruktifizierung untergrub man die soziale Ordnung. Dieser Art von Unternehmungen müssen solche gegenübertreten, die aus einem gesunden Denken und Empfinden heraus stammen. Sie können sich in wirklich fruchtbarer Art der sozialen Ordnung einfügen. Sie können aber nur aus der durch die anthroposophisch orientierte Geisteswissenschaft angeregten sozialen Denkweise getragen sein.

Es ist richtig, daß auch eine Unternehmung wie die hier charakterisierte zunächst nur die sozialtechnischen und finanziellen Krisenmöglichkeiten überwinden kann, und daß ihr die sozialen Schwierigkeiten so lange gegenüberstehen werden, als diese als eigentliche Arbeiterfrage noch die Gestalt an sich tragen, die aus der zu Krisen verurteilten alten Produktionsweise stammen. Die an den neuen Unternehmungen beteiligten Arbeiter werden zum Beispiel in Lohndifferenzen sich gerade so verhalten, wie sie sich den Unternehmungen alten Stils gegenüber verhalten. Allein man darf bei solchen Dingen nicht unterschätzen, wie bald bei richtiger Führung ein Unternehmen der hier charakterisierten Art auch sozial günstige Folgen haben muß. Das wird man sehen. Und das Beispiel wird überzeugend wirken. Wenn eine Unternehmung dieser Art stocken wird, dann wird man die Arbeiter, die daran beteiligt sind, schon mit ihren Überzeugungen bei dem Wieder-in-Fluß-bringen haben. Denn nur dadurch, daß man durch eine auf alle Menschenklassen wirkende Denkungsart die Handarbeiter mit den geistigen Führern von Unternehmungen zu einem Interesse bringt, kann den sozialen Zerstörungskräften entgegengearbeitet werden.

Grundbedingung ist, daß die geistigen Bestrebungen mit allen materiellen innig verbunden werden. Wir können eine solche Orientierung mit den jetzt in der anthroposophischen Bewegung verfügbaren Kräften deshalb nicht erreichen, weil wir eben in ihrem Schoße keine praktische Unternehmung haben, die aus ihren eigenen Kräften hervorgewachsen ist, außer dem Berliner anthroposophischen Verlag. Doch genügt dieser allein nicht, um vorbildlich zu wirken. Denn seine ökonomische Orientierung ist nur der äußere Ausdruck der Schlagkraft der Geisteswissenschaft als solcher. Richtig vorbildlich können erst solche Unternehmungen wirken, die nicht die Geisteswissenschaft als solche zu ihrem Inhalte haben, sondern die einen von der geisteswissenschaftlichen Denkungsart getragenen Inhalt haben. Eine Schule als solche kommt vorbildlich zunächst nach dieser Richtung erst dann in Betracht, wenn sie finanziell von nur solchen Unternehmungen getragen wird, deren ganze Einrichtung schon aus geisteswissenschaftlichen Kreisen hervorgegangen ist. Und der Dornacher Bau wird seine soziale Bedeutung erst erweisen können, wenn durch die mit ihm verbundenen Persönlichkeiten solche Unternehmungen ins Leben gerufen worden sind, die sich selbst tragen, den sie haltenden Menschen gehörigen Unterhalt geben und dann noch so viel übrig lassen, daß das von einer geistigen Unternehmung immer geforderte Defizit gedeckt werden kann. Dieses Defizit ist ja in Wirklichkeit gar keines. Denn eben dadurch, daß es entsteht, wird die Fruktifizierung der materiellen Unternehmungen hervorgerufen.

Man muß nur die Dinge wirklich praktisch nehmen. Das tut derjenige nicht, der frägt: wie soll man also im Sinne der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft ein finanzielles oder ökonomisches Unternehmen machen? Das ist einfach ein Unsinn. Es kommt darauf an, daß die in der anthroposophisch orientierten Geistesbewegung selbst organisierten Mächte die Unternehmungen machen, das heißt daß Bankiers, Fabrikanten etc. sich mit dieser Bewegung zusammenschließen, daß der Dornacher Bau der reale Mittelpunkt eines neuen Unternehmungsgeistes werde. Deshalb sollen auch in Dornach nicht «soziale», «technische» etc. «Programme» aufgestellt werden, sondern es soll mit dem Bau der Mittelpunkt einer Arbeitsweise geschaffen werden, welche die Arbeitsweise der Zukunft werden soll.

Wer sich dazu entschließen wird, zu den Dornacher Unternehmungen finanzielle Beihilfe zu gewähren, der wird verstehen müssen, daß wir heute schon so weit sind, daß Unternehmungen im alten Sinne unterstützen heißt, sein Geld in Unfruchtbares stecken, und daß für sein Geld sorgen, heute heißt, zukunftversprechende Unternehmungen zu tragen, die allein geeignet sind, den verwüstenden Kräften standzuhalten. Kurzsichtige Leute, die heute noch glauben: so etwas hat noch nie finanzielle Früchte getragen, werden sicher den Dornacher Bestrebungen sich nicht anschließen. Die sich anschließen, müssen weitsichtige, finanziell und ökonomisch wirklich urteilsfähige Leute sein, die einsehen, daß Fortfahrenwollen in den alten Bahnen weiterzuwursteln, heißt: sich ein sicheres Grab graben. Diese Menschen werden es allein sein, die den zerstörenden Existenzen der letzten vier bis fünf Jahre nicht nachfolgen werden. Mit Unternehmungen des bisherigen Stils arbeiten, heißt weiter nichts, als die finanziellen und ökonomischen Reserven aufbrauchen. Denn auch die Reserven der Rohstoff- und Landwirtschaftsproduktion, die am längsten halten, werden aufgebraucht. Ihre finanzielle und ökonomische Fruktifikation liegt nämlich doch nicht darinnen, daß sie da sind, sondern daß die Arbeit möglich ist, durch die sie dem sozialen Organismus zugeführt werden. Diese Arbeit gehört aber durchaus zu den Reserven. Alles für die Zukunft hängt davon ab, daß auch für die Einzelunternehmung ein neuer Geist die führende Stellung bekomme.