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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Anthroposophische Leitsätze
GA 26

Zu den vorangegangenen Leitsätzen über die Bildnatur des Menschen

Es kommt viel darauf an, daß durch die Anthroposophie begriffen werde, wie die Vorstellungen, die der Mensch im Anblicke der äußeren Natur gewinnt, vor der Menschenbetrachtung Halt machen müssen. Gegen diese Forderung sündigt die Denkungsart, die durch die geistige Entwickelung der letzten Jahrhunderte in die Menschengemüter eingezogen ist. Durch sie gewöhnt man sich, Naturgesetze zu denken; und durch diese Naturgesetze erklärt man sich die Naturerscheinungen, die man mit den Sinnen wahrnimmt. Man sieht nun nach dem menschlichen Organismus hin und betrachtet auch diesen so, wie wenn seine Einrichtung begriffen werden könnte, wenn man die Naturgesetze auf ihn anwendet.

Das ist nun gerade so, als ob man das Bild, das ein Maler geschaffen hat, betrachtete nach der Substanz der Farben, nach der Kraft, mit der die Farben an der Leinwand haften, nach der Art, wie sich diese Farben auf die Leinwand streichen lassen, und nach ähnlichen Gesichtspunkten. Aber mit alledem trifft man nicht, was sich in dem Bilde offenbart. In dieser Offenbarung, die durch das Bild da ist, leben ganz andere Gesetzmäßigkeiten als diejenigen, die aus den angegebenen Gesichtspunkten gewonnen werden können.

Es kommt nun darauf an, sich darüber klar zu werden, daß sich auch in der menschlichen Wesenheit etwas offenbart, das von den Gesichtspunkten, von denen aus die Gesetze der äußeren Natur gewonnen werden, nicht zu ergreifen ist. Hat man diese Vorstellung in der rechten Art sich zu eigen gemacht, dann wird man in der Lage sein, den Menschen als Bild zu begreifen. Ein Mineral ist in diesem Sinne nicht Bild. Es offenbart nur dasjenige, was unmittelbar die Sinne wahrnehmen können.

Beim Bilde richtet sich die Anschauung gewissermaßen durch das sinnlich Angeschaute hindurch auf einen Inhalt, der im Geiste erfaßt wird. Und so ist es auch bei der Betrachtung des Menschenwesens. Erfaßt man dieses in rechter Art mit den Naturgesetzen, so fühlt man sich im Vorstellen dieser Naturgesetze nicht dem wirklichen Menschen nahe, sondern nur demjenigen, durch das sich dieser wirkliche Mensch offenbart.

Man muß es im Geiste erleben, daß man mit den Naturgesetzen so vor dem Menschen steht, wie man vor einem Bilde stünde, wenn man nur wüßte, da ist Blau, da ist Rot, und man nicht imstande wäre, in einer inneren Seelentätigkeit das Blau und Rot auf etwas zu beziehen, das sich durch diese Farben offenbart.

Man muß eben eine andere Empfindung haben, wenn man mit den Naturgesetzen einem Mineralischen, und eine andere, wenn man dem Menschen gegenübersteht. Beim Mineralischen ist es für die geistige Auffassung so, als wenn man das Wahrgenommene unmittelbar ertastete; beim Menschen ist es so, als ob man ihm mit den Naturgesetzen so ferne stünde, wie man einem Bilde ferne steht, das man nicht mit Seelenaugen anblickt, sondern nur betastet.

Hat man erst in der Anschauung des Menschen begriffen, daß dieser Bild von etwas ist, dann wird man in der rechten Seelenstimmung auch zu dem fortschreiten, was sich in diesem Bilde darstellt.

Und im Menschen offenbart sich die Bildnatur nicht auf eine eindeutige Weise. Ein Sinnesorgan ist in seinem Wesen am wenigsten Bild, am meisten eine Art Offenbarung seiner selbst wie das Mineral. Man kann gerade an die Sinnesorgane mit den Naturgesetzen am nächsten heran. Man betrachte nur die wundervolle Einrichtung des menschlichen Auges. Man erfaßt durch Naturgesetze annähernd diese Einrichtung. Und bei den ändern Sinnesorganen ist es ähnlich, wenn auch die Sache nicht so offen zutage tritt wie beim Auge. Es kommt dies daher, daß die Sinnesorgane in ihrer Bildung eine gewisse Abgeschlossenheit zeigen. Sie sind als fertige Bildungen dem Organismus eingegliedert, und als solche vermitteln sie die Wahrnehmungen der Außenwelt.

So aber ist es nicht mit den rhythmischen Vorgängen, die sich im Organismus abspielen. Sie stellen sich nicht als etwas Fertiges dar. In ihnen vollzieht sich ein fortwährendes Entstehen und Vergehen des Organismus. Wären die Sinnesorgane so wie das rhythmische System, so würde der Mensch die Außenwelt in der Art wahrnehmen, daß diese in einem fortwährenden Werden sich befände.

Die Sinnesorgane stellen sich dar wie ein Bild, das an der Wand hängt. Das rhythmische System steht vor uns wie das Geschehen, das sich entfaltet, wenn Leinwand und Maler im Entstehen des Bildes von uns betrachtet werden. Das Bild ist noch nicht da; aber es ist immer mehr da. In dieser Betrachtung hat man es nur mit einem Entstehen zu tun. Was entstanden ist, bleibt zunächst bestehen. In der Betrachtung des menschlichen rhythmischen Systems schließt sich das Vergehen, der Abbau, sogleich an das Entstehen, an den Aufbau an. Im rhythmischen System offenbart sich ein werdendes Bild.

Die Tätigkeit, welche die Seele verrichtet, indem sie sich einem ihr Gegenüberstehenden wahrnehmend hingibt, das fertiges Bild ist, kann als Imagination bezeichnet werden. Das Erleben, das entfaltet werden muß, um ein werdendes Bild zu erfassen, ist dem gegenüber Inspiration.

Noch anders liegt die Sache, wenn man das Stoffwechsel- und das Bewegungssystem des menschlichen Organismus betrachtet. Da ist es, als ob man vor der noch ganz leeren Leinwand, den Farbentöpfen und dem noch nicht malenden Künstler stünde. Will man dem Stoffwechsel- und dem Gliedmaßensystem gegenüber zum Begreifen kommen, so muß man ein Wahrnehmen entwickeln, das mit dem Wahrnehmen dessen, was die Sinne erfassen, nicht mehr zu tun hat als der Anblick von Farbentöpfen, leerer Leinwand und Maler mit dem, was später als Bild des Malers vor unsere Augen tritt. Und die Tätigkeit, in der die Seele rein geistig den Menschen aus dem Stoffwechsel und aus seinen Bewegungen heraus erlebt, ist so, wie wenn man im Anblicke vom Maler, leerer Leinwand und Farbentöpfen das später gemalte Bild erlebte. Dem Stoffwechsel- und Gliedmaßensystem gegenüber muß in der Seele die Intuition walten, wenn es zum Begreifen kommen soll.

Es ist nötig, daß die tätig wirkenden Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft in solcher Art auf die Wesenheit hindeuten, die dem anthroposophischen Betrachten zugrunde liegt. Denn nicht nur soll eingesehen werden, was durch Anthroposophie an Erkenntnisinhalt gewonnen wird, sondern auch, wie man zum Erleben dieses Erkenntnisinhaltes gelangt.

Von dem hier Dargestellten wird der Weg der Betrachtung zu den folgenden Leitsätzen hinüberführen.

Weitere Leitsätze, die für die Anthroposophische Gesellschaft vom Goetheanum ausgesendet werden

38. Ist man dazu gelangt, in der durch die vorigen Leitsätze angedeuteten Richtung den Menschen in seiner Bildnatur und in der dadurch sich offenbarenden Geistigkeit zu betrachten, so steht man davor, in der geistigen Welt, in der man den Menschen als Geistwesen waltend schaut, auch die seelisch-moralischen Gesetze in ihrer Wirklichkeit mitzuschauen. Denn die moralische Weltordnung stellt sich dann als das irdische Abbild einer zur geistigen Welt gehörigen Ordnung dar. Und physische und moralische Weltordnung gliedern sich zur Einheit zusammen.

39. Aus dem Menschen wirkt der Wille. Der steht den an der Außenwelt gewonnenen Naturgesetzen ganz fremd gegenüber. Das Wesen der Sinnesorgane ist noch an seiner Ähnlichkeit gegenüber den äußeren Naturgegenständen zu erkennen. In ihrer Tätigkeit kann sich der Wille noch nicht entfalten. Das Wesen, das sich im rhythmischen System des Menschen offenbart, ist allem Äußeren schon unähnlicher. In dieses System kann der Wille schon bis zu einem gewissen Grade eingreifen. Aber es ist dieses System im Entstehen und Vergehen begriffen. An diese ist der Wille noch gebunden.

40. Im Stoffwechsel- und Gliedmaßensystem offenbart sich ein Wesen zwar durch die Stoffe und die Vorgänge an den Stoffen, aber diese Stoffe und diese Vorgänge haben mit ihm nichts weiter zu tun als der Maler und seine Mittel mit dem fertigen Bilde. In dieses Wesen kann daher der Wille unmittelbar eingreifen. Erfaßt man hinter der in Naturgesetzen lebenden Menschenorganisation die im Geistigen webende Menschenwesenheit, so hat man in dieser ein Gebiet, in dem man das Wirken des Willens gewahr werden kann. Gegenüber dem Sinnesgebiete bleibt der menschliche Wille ein Wort ohne allen Inhalt. Und wer ihn in diesem Gebiete erfassen will, der verläßt im Erkennen das wahre Wesen des Willens und setzt etwas anderes an dessen Stelle.

Weitere Leitsätze, die für die Anthroposophische Gesellschaft vom Goetheanum ausgesendet werden

41. Durch den dritten Leitsatz der vorigen Gruppe wird auf das Wesen des menschlichen Willens hingewiesen. Erst wenn man dieses Wesen gewahr geworden ist, steht man mit seinem Begreifen in einer Weltsphäre darinnen, in der das Schicksal (Karma) wirkt. Solange man nur die Gesetzmäßigkeiterblickt, die im Zusammenhange der Naturdinge und Naturtatsachen herrscht, bleibt man dem ganz fern, das im Schicksal gesetzmäßig wirkt.

42. In einem solchen Erfassen der Gesetzmäßigkeit im Schicksal offenbart sich auch, daß sich dieses durch den Gang des einzelnen physischen Erdenlebens nicht zum Dasein bringen kann. Solange der Mensch in demselben physischen Leibe lebt, kann er den moralischen Inhalt seines Willens nur so zur Wirklichkeit werden lassen, wie es dieser physische Leib innerhalb der physischen Welt gestattet. Erst, wenn der Mensch durch die Todespforte in die Geistessphäre eingezogen ist, kann die Geistwesenheit des Willens zur vollen Wirklichkeit gelangen. Da wird das Gute in seinen ihm entsprechenden Ergebnissen, das Schlechte in den seinigen, zunächst zur geistigen Verwirklichung kommen.

43. In dieser geistigen Verwirklichung gestaltet sich der Mensch selber zwischen dem Tode und einer neuen Geburt; er wird wesenhaft ein Abbild dessen, was er im Erdenleben getan hat. Aus diesem seinem Wesenhaften heraus gestaltet er dann beim Wieder-Betreten der Erde sein physisches Leben. Das Geistige, das im Schicksal waltet, kann im Physischen nur seine Verwirklichung finden, wenn seine entsprechende Verursachung vor dieser Verwirklichung sich in das geistige Gebiet zurückgezogen hat. Denn aus dem Geistigen heraus, nicht in der Folge der physischen Erscheinungen gestaltet sich, was sich als schicksalsgemäß auslebt.

Weitere Leitsätze, die für die Anthroposophische Gesellschaft vom Goetheanum ausgesendet werden

44. Ein Übergang zu der geisteswissenschaftlichen Betrachtung der Schicksalsfrage sollte dadurch herbeigeführt werden, daß man an Beispielen aus dem Erleben einzelner Menschen den Gang des Schicksalsmäßigen in seiner Bedeutung für den Lebenslauf erörtert; zum Beispiel wie ein Jugenderlebnis, das ganz sicher nicht in voller Freiheit durch eine Persönlichkeit herbeigeführt ist, das ganze spätere Leben zu einem großen Teile gestalten kann.

45. Es sollte die Bedeutung der Tatsache, daß im physischen Lebenslaufe zwischen Geburt und Tod der Gute unglücklich im Außenleben, der Böse wenigstens scheinbar glücklich werden kann, geschildert werden. Beispiele in Bildern sind für die Erörterung wichtiger als theoretische Erklärungen, weil sie die geisteswissenschaftliche Betrachtung besser vorbereiten.

46. Es sollte an Schicksalsfällen, die in das Dasein des Menschen so eintreten, daß man ihre Bedingungen im jeweilig gegenwärtigen Erdenleben nicht finden kann, gezeigt werden, wie gegenüber solchen Schicksalsfällen schon rein die verstandesgemäße Lebensansicht auf früheres Erleben hindeutet. Es muß natürlich aus der Art der Darstellung klar sein, daß mit solchen Darstellungen nichts Verbindliches behauptet, sondern nur etwas gesagt werden soll, das die Gedanken nach der geisteswissenschaftlichen Betrachtung der Schicksalsfrage hin orientiert.

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47. Was in der Schicksalsgestaltung des Menschen Hegt, das tritt nur zum allerkleinsten Teile in das gewöhnliche Bewußtsein ein, sondern es waltet zumeist im Unbewußten. Aber gerade durch die Enthüllung des Schicksalsgemäßen wird ersichtlich, wie Unbewußtes zum Bewußtsein gebracht werden kann. Es haben eben diejenigen durchaus Unrecht, die von dem zeitweilig Unbewußten so sprechen, als ob es absolut im Gebiete des Unbekannten bleiben müßte und so eine Erkenntnisgrenze darstellte. Mit jedem Stück, das sich von seinem Schicksale dem Menschen enthüllt, hebt er ein vorher Unbewußtes in das Gebiet des Bewußtseins herauf.

48. Durch ein solches Herauf heben wird man gewahr, wie innerhalb des Lebens zwischen Geburt und Tod das Schicksalsgemäße nicht gewoben wird; man wird dadurch gerade an der Schicksalsfrage auf die Betrachtung des Lebens zwischen Tod und neuer Geburt gewiesen.

49. In dem Besprechen dieses Hinausweisens des menschlichen Erlebens aus sich selbst an der Schicksalsfrage wird man ein wahres Gefühl entwickeln können für das Verhältnis des Sinnlichen und des Geistigen. Wer das Schicksal im Menschenwesen waltend schaut, der steht schon im Geistigen darinnen. Denn die Schicksalszusammenhänge haben gar nichts Naturhaftes an sich.

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50. Es ist von ganz besonderer Wichtigkeit, darauf hinzuweisen, wie die Betrachtung des geschichtlichen Lebens der Menschheit dadurch belebt wird, daß man zeigt, es sind die Menschenseelen selbst, welche die Ergebnisse der einen Geschichtsepoche in die andere hinübertragen, indem sie in ihren wiederholten Erdenleben von Epoche zu Epoche wandeln.

51. Man wird leicht gegen eine solche Betrachtung einwenden, daß sie der Geschichte das Elementarische und Naive nimmt; aber man tut damit unrecht. Sie vertieft vielmehr die Anschauung des Geschichtlichen, das sie bis in das Innerste der Menschenwesenheit hinein verfolgt. Geschichte wird dadurch reicher und konkreter, nicht ärmer und abstrakter. Man muß nur in der Darstellung Herz und Sinn für die lebende Menschenseele entwickeln, in die man dadurch tief hineinschaut.

52. Es sollen die Epochen im Leben zwischen Tod und neuer Geburt mit Beziehung auf die Karmabildung behandelt werden.

Das «Wie» dieser Behandlung der Karmabildung soll den Inhalt der weiteren Leitsätze bilden.

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53. Die Entfaltung des Menschenlebens zwischen Tod und neuer Geburt geschieht in aufeinanderfolgenden Stufen. Während weniger Tage unmittelbar nach dem Durchgang durch die Todespforte wird in Bildern das vorangegangene Erdenleben überschaut. Dieses Überschauen zeigt zugleich die Ablösung des Trägers dieses Lebens von der menschlichen Seelen-Geist-Wesenheit.

54. In einer Zeit, die ungefähr ein Drittel des eben vollendeten Erdenlebens umfaßt, wird in Geisteserlebnissen, welche die Seele hat, die Wirkung erfahren, welche im Sinne einer ethisch gerechten Weltordnung das vorangegangene Erdenleben haben muß. Es wird während dieses Erlebens die Absicht erzeugt, das nächste Erdenleben zum Ausgleich der vorangegangenen so zu gestalten, wie es diesem Erleben entspricht.

55. Eine langdauernde, rein geistige Daseinsepoche folgt, in der die Menschenseele mit andern mit ihr karmisch verbundenen Menschenseelen und mit Wesenheiten der höhern Hierarchien das kommende Erdenleben im Sinne des Karma gestaltet.

Weitere Leitsätze, die für die Anthroposophische Gesellschaft vom Goetheanum ausgesendet werden

56. Die Daseinsepoche zwischen Tod und neuer Geburt, in der das Karma des Menschen gestaltet wird, kann nur auf Grund der Ergebnisse geistiger Forschung dargestellt werden. Aber es ist immer im Bewußtsein zu halten, daß diese Darstellung der Vernunft einleuchtend ist. Diese braucht nur das Wesen der Sinneswirklichkeit unbefangen zu betrachten, dann wird sie gewahr, daß dieses ebenso auf ein Geistiges hinweist, wie die Form eines Leichnams auf das ihm einwohnende Leben.

57. Die Ergebnisse der Geisteswissenschaft zeigen, daß der Mensch zwischen Tod und Geburt ebenso Geistesreichen angehört, wie er zwischen Geburt und Tod den drei Reichen der Natur, dem mineralischen, pflanzlichen und tierischen angehört.

58. Das mineralische Reich ist in der augenblicklichen Gestaltung des Menschen zu erkennen, das pflanzliche ist als Ätherleib die Grundlage seines Werdens und Wachsens, das tierische als Astralleib der Impuls für Empfindungs- und Willensentfaltung. Die Krönung des bewußten Empfindungs- und Willenslebens im selbstbewußten Geistesleben macht den Zusammenhang des Menschen mit der Geisteswelt unmittelbar anschaulich.

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59. Eine unbefangene Betrachtung des Denkens zeigt, daß die Gedanken des gewöhnlichen Bewußtseins kein eigenes Dasein haben, daß sie nur wie Spiegelbilder von etwas auftreten. Aber der Mensch fühlt sich als lebendig in den Gedanken. Die Gedanken leben nicht; er aber lebt in den Gedanken. Dieses Leben urständet in Geist-Wesen, die man (im Sinne meiner «Geheimwissenschaft») als die der dritten Hierarchie, als eines Geist-Reiches, ansprechen kann.

60. Die Ausdehnung dieser unbefangenen Betrachtung auf das Fühlen zeigt, daß die Gefühle aus dem Organismus aufsteigen, daß sie aber nicht von diesem erzeugt sein können. Denn ihr Leben trägt ein vom Organismus unabhängiges Wesen in sich. Der Mensch kann sich mit seinem Organismus in der Naturwelt fühlen. Er wird aber gerade dann, wenn er dies, sich selbst verstehend tut, sich mit seiner Gefühlswelt in einem geistigen Reiche fühlen. Das ist dasjenige der zweiten Hierarchie.

61. Als Willenswesen wendet sich der Mensch nicht an seinen Organismus, sondern an die Außenwelt. Er fragt nicht, wenn er gehen will, was empfinde ich in meinen Füßen, sondern, was ist dort draußen für ein Ziel, zu dem ich kommen will. Er vergißt seinen Organismus, indem er will. In seinem Willen gehört er seiner Natur nicht an. Er gehört da dem Geist-Reich der ersten Hierarchie an.