Death and Immortality in the Light of Spiritual Science
GA 69d
9 October 1913, Bergen
Translated by Steiner Online Library
27. The Riddle of Life
Bergens Tidende, October 10, 1913, p. 5, translation
Dr. Rudolf Steiner. The Theosophical Movement. This man is the leader of the “anthroposophical” branch of the Theosophical Movement. He came here to Bergen with a whole group of followers and students and yesterday gave a public lecture at the Lodge on “The Mysteries of Life.” It was an interesting encounter: the tall, dark figure, the striking features, the pronounced hand movements, the peculiar way of speaking with closed eyes, the clear voice that could rise to a stirring intensity — everything was in harmony with the mystical teachings proclaimed in his lecture. When the speaker began with an apology for not speaking Norwegian, it was unnecessary; the peculiar lecture kept the audience's interest alive in his [the speaker's] beautiful Austrian-tinged German.
The speaker began by emphasizing that his science (“spiritual science” [in the German text]) was new to the audience of our time. A new research method had been put into practice here, a spiritual laboratory. Anthroposophy was based on experiments with the spirit and the soul. Spiritualism showed the urge to explore the eternal world of the spirit, but it did so through external experiments, which is why it was mistaken. The result of spiritual science was that human life was not confined to birth and death; far-reaching forces gathered and worked in this physical life. At death, the soul breaks through the barriers of physical life and attains a spiritual life. This is the solution to the great mysteries of death, immortality, and fate. Their solution sheds light on the whole of human life. In every soul, these mysteries lie hidden: Why?
Now that 3-400 years of natural science have passed, the answer is new. Natural science does not have the answer here; it has made these questions into even greater mysteries. Spiritual science wants to use its results as seeds for a new harvest. But it does not contradict natural science. — The same is true of religion. Religious people will reconcile themselves to the new teaching, just as they did with the teachings of Copernicus. — The goal is the enhancement of life.
Just as mysterious as death is sleep, “the brother of death.” But life does not stop during sleep. The soul lives on, leaving the body and becoming independent. Through careful exercise of his mental powers, especially his will, the spiritual scientist can reach a state where he can bring about a conscious sleeping state. He can sleep and yet be conscious of everything his soul experiences in sleep.
The exercise is done through meditation, concentration, contemplation (devotion, self-immersion, reflection). It is a matter of spiritual chemistry. The chemist liberates the basic substances, the spiritual scientist his mental abilities. Thoughts and feelings are freed from their material form. One transforms one's soul life, turning it into something else. Ultimately, one attains what the ancient mystics called “standing at the gate of death.” One sees beyond this life, into one's past and future existences. This is often pursued in a dilettantish manner, as when someone claims to have been this or that in a previous existence. Individual boundaries disappear from the view of the spirit. The spiritual scientist sees by feeling forces, but he sees through veils. We experience all this outside the body.
But aren't these hallucinations or illusions? No! These are connected with the desire life of human beings. Old desires and wishes appear in hallucinations. Here, however, we are freed from them; here, life is shaped according to new laws. Life becomes preparation for new life. The solution is called immortality and perfection.
Dr. Rudolf Steiner finally summarized his speech in the following words [in German]:
Speaking to the human senses
The things in the vastness of space
They change in the course of time.
Experiencing, the human soul penetrates
Through the boundless vastness of space,
And, undeterred by the passage of time, Enters the realm of eternity.
Among his students and followers, the following can be mentioned, who stayed at the Hotel Norge: Author Bugajoff with his wife from Moscow, Dir. Noll, Kassel, Mrs. von Vossmold, Munich, Countess Moltke, ditto, Countess Kalckreuth, ditto, von Rainer, Berlin, Countess Hamilton, Stockholm, Mrs. von Christoforoff, Moscow, Mrs. von Reden, Miss von Lowrentz, and others.
27.Das Rätsel Des Lebens
«Bergens Tidende», 10. Oktober 1913, S. 5, Übersetzung
Dr. Rudolf Steiner. Die Theosophische Bewegung. Dieser Mann ist der Leiter der «anthroposophischen» Richtung innerhalb der theosophischen Bewegung. Er ist hierher nach Bergen gekommen mit einer ganzen Schar von Anhängern und Schülern und hielt gestern in der Loge einen öffentlichen Vortrag über «Die Rätsel des Lebens». Man machte da eine interessante Bekanntschaft, die hohe dunkle Gestalt, die markierten Züge, die ausgeprägten Handbewegungen, die eigentümliche Weise, mit geschlossenen Augen zu reden, die klare Stimme, die sich zu ergreifender Gewalt erheben konnte - alles stand in Übereinstimmung mit der mystischen Lehre, die sein Vortrag verkündete. Wenn der Vortragende mit einer Entschuldigung anfing, weil er nicht Norwegisch sprach, war das nicht notwendig; der eigentümliche Vortrag hielt das Interesse der Zuhörer wach in seinem [des Redners] schönen, österreichisch gefärbten Deutsch.
Der Redner begann damit, zu betonen, dass seine Wissenschaft («Geisteswissenschaft» [im Text in deutscher Sprache]) für das Publikum unserer Zeit neu sei. Eine neue Forschungsmethode sei hier ins Werk gesetzt, ein Geistes-Laboratorium. Die Anthroposophie baue auf Geistes- und Seelenexperimente. Der Spiritismus zeige den Drang, die ewige Welt des Geistes zu erforschen, aber er mache es durch äußere Experimente, darum irre er. Das Ergebnis der Geisteswissenschaft sei, dass das Menschenleben nicht von Geburt und Tod eingeschlossen ist; in diesem physischen Leben sammeln sich und wirken weitreichende Kräfte. Die Seele sprenge im Tode die Schranken des physischen Lebens, sie erlange ein geistiges Leben. Dies sei die Lösung der großen Rätsel Tod, Unsterblichkeit - Schicksal. Durch ihre Lösung falle Licht auf das ganze Menschenleben. In jeder Seele liege diesen Rätseln gegenüber geborgen ein: Warum?
Wenn jetzt 3-400 Jahre Naturwissenschaft zurückgelegt ist, werde die Antwort neu. Die Naturwissenschaft habe hier nicht die Antwort, sie habe diese Fragen zu größerem Rätsel gemacht. Die Geisteswissenschaft wolle deren Resultate als Aussaat zu neuer Ernte gebrauchen. Aber sie widerstreite nicht der Naturwissenschaft. — Ebenso verhalte es sich mit der Religion. Religiöse Menschen werden sich mit der neuen Lehre versöhnen, so wie sie mit der Lehre des Kopernikus gemacht haben. - Das Ziel sei die Steigerung des Lebens.
Ebenso rätselhaft wie der Tod sei der Schlaf, «der Bruder des Todes». Aber im Schlafe halte ja das Leben nicht an. Die Seele lebe weiter, sie verlasse den Leib, werde selbstständig. Durch eine sorgfältige Übung seiner Geisteskräfte, vor allem seines Willens, gelange der Geisteswissenschafter dahin, dass er einen bewussten schlafenden Zustand hervorbringen könne. Er könne schlafen und doch sich bewusst sein alles [dessen], was seine Seele im Schlafe erleben.
Die Übung geschehe durch Meditation, Konzentration, Kontemplation [deutsch im Text] (Andacht, Selbstvertiefung, Betrachtung). Es handle sich um eine geistige Chemie. Der Chemiker mache die Grundstoffe frei, der Geisteswissenschafter seine Geistesfähigkeiten. Gedanke und Gefühl werden von ihrem Stoff frei gemacht. Man verwandle sein Seelenleben, mache es zu etwas anderem. Zuletzt erlange man das, was die alten Mystiker «am Tore des Todes zu stehen» nennten. Man sehe über dieses Leben hinaus, in seine früheren und kommenden Existenzen. Hier werde oft Dilettantismus getrieben, wie wenn jemand behaupte, er sei in seinem vorigen Dasein der oder der gewesen. Die individuellen Grenzen schwinden für den Blick des Geistes. Der Geisteswissenschafter sehe, indem er Kräfte fühle, aber er sehe durch Schleier. — Dies alles erleben wir außerhalb des Leibes.
Aber sind es denn nicht Halluzinationen oder Illusionen? Nein! Diese hängen mit dem Wunschleben des Menschen zusammen. Alte Verlangen und Wünsche tauchen in den Halluzinationen auf. Hier seien wir aber davon frei gemacht, hier werde das Leben nach neuen Gesetzen gestaltet. Das Leben werde Vorbereitung zu neuem Leben. Die Lösung heiße: Unsterblichkeit und Vervollkommnung.
Dr. Rudolf Steiner fasste schließlich seine Rede in folgenden Worten zusammen [im Text deutsch]:
Es sprechen zu den Menschensinnen
Die Dinge in den Raumesweiten
Sie wandeln sich im Zeitenlauf.
Erlebend dringt die Menschenseele
Durch Raumesweiten unbegrenzt,
Und unbeirrt von Zeitenlauf
Ins Reich der Ewigkeiten ein.
Unter seinen Schülern und Anhängern können folgende erwähnt werden, die im Hotel «Norge» abgestiegen sind: Verfasser Bugajoff mit Frau aus Moskau, Dir. Noll, Kassel, Frau von Vossmold, München, Gräfin Moltke, dito, Gräfin Kalckreuth, dito, von Rainer, Berlin, Gräfin Hamilton, Stockholm, Frau von Christoforoff, Moskau, Frau von Reden, Frl. von Lowrentz und andere.
