Posthumous Essays and Fragments
1879-1924
GA 46
From Notebook 397, undated, c. 1889
Automated Translation
17. Recognizability of the World
If one isolates the act of recognition and regards it as the activity of an outside observer of the world, then all the misleading philosophical questions arise: How is knowledge possible? Can we recognize things in themselves? Are there limits to knowledge? etc. All these questions lose their significance if we understand cognition as part of the process of life. Just as life expresses itself in plants as the production of leaves, flowers and fruits, so it expresses itself in humans as cognition. It makes just as little sense to ask: What are the limits of cognition? as it does to ask: What are the limits of flowering? The content of knowledge is a product of the world process, like the flower of the plant. The image of the world that man creates for himself is a fantasy content and toto genere different from what it depicts when it is merely considered in terms of its pictorial nature. When man speaks of the “essence of the world”, of the “thing in itself”, etc., he speaks of a need of his. We are not compelled by anything external to speak of the “essence of the world”. We are only pushed to do so by our nature. If I speak of the “essence of the world” and assert its unknowability, I am talking into the blue. There can be no other being for which there is anything that could be equated with knowledge. To speak of the existence of something that lies “beyond knowledge” is as foolish as to speak of something that lies beyond plant growth. Knowledge must remain within itself if it is to have any meaning. Kantian philosophy is the outpouring of a personality that does not know what it wants. Kant searches for something, but does not know what. Basically, he only talks about the unknowability of something, which he imagines as an indefinite goal in the blue. It is indicative of the boundless weakness of German philosophy that it cannot eliminate Kant's follies. World-negation, the beyond, etc., will only come into existence when man invents them. But it is the most empty, foolish invention there is.
17. Erkennbarkeit der Welt
Wenn man das Erkennen isoliert und als Tätigkeit eines abseitsstehenden Weltbetrachters auffasst, dann entstehen alle die irreführenden philosophischen Fragen: Wie ist Erkenntnis möglich? Können wir die Dinge an sich erkennen? Gibt es Grenzen der Erkenntnis? usw. Alle diese Fragen verlieren ihre Bedeutung, wenn man das Erkennen als innerhalb des Lebensprozesses stehend auffasst. Wie sich das Leben in der Pflanze als Blätter-, Blüten- und Früchte-erzeugend äußert, so in dem Menschen als Erkennen. Es hat gerade so wenig Sinn zu fragen: Welches sind die Grenzen des Erkennens? wie es keinen Sinn hat zu fragen: Welches sind die Grenzen des Blühens? Der Inhalt des Erkennens ist ein Produkt des Weltprozesses, wie die Blüte der Pflanze. Das Bild der Welt, das sich der Mensch entwirft, ist ein Phantasieinhalt und toto genere von dem verschieden, was es abbildet, wenn es bloß seiner Bildnatur nach betrachtet wird. Spricht der Mensch vom «Wesen der Welt», vom «Ding an sich» usw., so spricht er von einem Bedürfnis von ihm. Wir sind durch nichts Äußeres genötigt, vom «Wesen der Welt» zu sprechen. Wir sind dazu nur durch unsere Natur gedrängt. Spreche ich von dem «Wesen der Welt» und behaupte ich seine Unerkennbarkeit, so rede ich ins Blaue hinein. Es kann für kein anderes Wesen etwas geben, was mit dem Erkennen gleichzustellen wäre. Von dem Vorhandensein eines Etwas zu sprechen, das «jenseits des Erkennens» liegt, ist so töricht, wie von etwas zu sprechen, das jenseits des Pflanzenwachstums liegt. Das Erkennen muss innerhalb seiner selbst bleiben, wenn es einen Sinn haben soll. Die Kant’sche Philosophie ist der Ausfluss einer Persönlichkeit, die nicht weiß, was sie will. Kant sucht etwas und weiß nicht was. Er redet im Grunde nur von der Unerkennbarkeit eines Etwas, das er sich als unbestimmtes Ziel im Blauen vorgaukelt. Es ist bezeichnend für die grenzenlose Schwäche der deutschen Philosophie, dass sie die Kant’schen Torheiten nicht ausscheiden kann. Weltverneinung, Jenseits usw. sind erst vorhanden, wenn der Mensch sie erfindet. Aber es ist die leerste, törichteste Erfindung, die es gibt.