Our Dead
GA 261
Berlin, June 25, 1906
Translated by Steiner Online Library
Eulogy for Countess von Brockdorff
The next thing we have to do today is to remember the departure from the physical plane of one of our very dear members. Countess von Brockdorff, who, as the old members of the Theosophical Society in Germany in particular know, devoted so much strength and dedication to this Theosophical Society in Germany, passed away on June 8 after a physically painful suffering. The older of our members, and I myself in particular, know of the beautiful and devoted work of Countess von Brockdorff. In times when the Theosophical cause in Germany was often on the verge of dying out, it was the couple, Count and Countess Brockdorff, who, in their loving and at the same time extremely likeable manner, knew how to keep the Theosophical movement in Germany afloat again and again. Those who still remember the quiet and extremely effective way in which the countess knew how to gather the most diverse minds in her house to send out individual rays of light will fully appreciate her work.
If I may first say a few words about how I myself came to be part of the circle in which Countess Brockdorff worked, inspiring in the broadest sense in a theosophical and otherwise intellectual way, I would just like to say that one day a lady said to me whether I would like to give a lecture on Nietzsche in Brockdorff's circle. I accepted and gave a lecture on Nietzsche. The countess then took the opportunity to ask if I would give a second lecture in the same winter cycle. This second lecture - I think it was the winter series of 1900 - was about the fairy tale of the “Green Snake and the Beautiful Lily”. Even then, the Countess felt the desire to resume her actual theosophical work, which had been somewhat dormant. The Countess's work was gradually becoming extremely difficult because she was becoming more and more rooted in the theosophical life, which had led to various theosophical experiences. It was difficult to continue her spiritual life under the name of Theosophy. Therefore, she had initially limited herself to her Thursday afternoons, but then felt the need to return to actual Theosophical activity and asked me – I was not even a member of the Society at the time – to give lectures at the Association, which during the first winter were on German mysticism up to Angelus Silesius. An outline of this is given in the book 'Mysticism in Modern Spiritual Life'. The next winter I gave the lectures on 'Christianity as a Mystical Fact'. Through this a kind of center for the gathering of the Theosophical forces in Germany arose, from which the actual founding of the Section spread out and a foundation was created.
Now, when one thinks of the dear Countess Brockdorff, it must be emphasized that the Theosophical cause was repeatedly kept afloat by her extraordinarily sympathetic manner and work. The Countess had little sense for certain organizational issues and currents in the Theosophical movement. It was less her thing, she had less sympathy for it. But a certain basic tendency of her heart formed to work in the direction of the theosophical movement. She did this, as rarely as a human being, in a way that was supported by the fullest devotion and extraordinary love.
It was probably necessary for her health that at the moment when we were forced by circumstances to develop a tighter and more concentrated organization in Germany, she had to retire to her retirement home in Algund near Meran. And how often this rest was not a real rest for the good countess either. She soon began to suffer from ill health, and in the last few years she went through difficult times in terms of her health. Speaking objectively, I can say that the history of the Theosophical movement in Germany in the 1890s and early 1900s will be linked with the name of Brockdorff, as the services rendered by the countess and the count cannot be praised enough. The older members will still remember our dear count when he was still at the side of his partner, whom he has now lost in the physical plane. But the members also know how deeply rooted the theosophical sentiment was, with which peace will be won from the theosophical world view. But even those who may have been younger members and did not know Countess Brockdorff will, in view of what she achieved for the Theosophical movement in Germany and particularly in Berlin, remember her with gratitude and look back with a certain — essentially Theosophical — sentiment on the last days that brought physical death to this much-admired and beloved member. I ask you to honor the honored member by rising from our seats.
Gedenkworte Für Gräfin Von Brockdorff
Das Nächste, was uns heute obliegt, ist, uns zu erinnern an den Weggang vom physischen Plane eines unserer sehr lieben Mitglieder. Die Gräfin von Brockdorff, die ja, wie namentlich die alten Mitglieder der theosophischen Bewegung in Deutschland wissen, soviel Kraft und Hingebung dieser theosophischen Bewegung in Deutschland gewidmet hat, ist am 8. Juni, nach einem physisch qualvollen Leiden, von dem physischen Plane abgegangen. Die älteren unserer Mitglieder, und insbesondere auch ich selbst, wissen von der schönen und hingebungsvollen Tätigkeit der Gräfin von Brockdorff. In den Zeiten, in denen oftmals die theosophische Sache in Deutschland nahe daran war zu versiegen, war es das Paar Graf und Gräfin Brockdorff, welche in ihrer liebevollen und zu gleicher Zeit für die weitesten Kreise so außerordentlich sympathischen Art diese theosophische Bewegung in Deutschland immer wieder und wieder über Wasser zu halten wußten. Derjenige, der sich noch erinnert an die stille und äußerst wirkungsvolle Art, wie die Gräfin in ihrem Hause verschiedenste Geister zu versammeln wußte, um einzelne Lichtstrahlen auszusenden, der wird ihre Tätigkeit in vollster Weise zu würdigen wissen.
Wenn ich zunächst selbst Ihnen mit einigen Worten sagen darf, wie ich in den Kreis hineingekommen bin, in welchem die Gräfin Brockdorff theosophisch und sonst geistig anregend im weitesten Sinne wirkte, so möchte ich nur sagen, daß eines Tages eine Dame zu mir sagte, ob ich nicht einen Vortrag über Nietzsche in dem Kreise von Brockdorff halten möchte. Ich habe zugesagt und einen Vortrag über Nietzsche gehalten. Die Gräfin nahm dann Veranlassung zu fragen, ob ich nicht einen zweiten Vortrag in demselben Winter-Zyklus halten möchte. Dieser zweite Vortrag - ich glaube es war die Winterserie 1900 — war über das Märchen von der «Grünen Schlange und der schönen Lilie». Schon damals ging der Gräfin der Wunsch auf, dasjenige, was ein wenig geschlummert hatte — die eigentliche theosophische Tätigkeit -— wiederum aufzunehmen. Die Tätigkeit der Gräfin war allmählich, weil sie immer mehr und mehr im theosophischen Leben wurzelte, mit dem sie zu verschiedenen theosophischen Erlebnissen gekommen war, außerordentlich schwer. Es war schwer, unter dem Namen der Theosophie das geistige Leben weiterzuführen. Sie hatte sich daher zunächst beschränkt auf ihre Donnerstag-Nachmittage, hatte dann aber das Bedürfnis empfunden, wieder zur eigentlichen theosophischen Tätigkeit überzugehen, und forderte mich auf — ich war noch nicht einmal Mitglied der Gesellschaft damals -, in der Vereinigung Vorträge zu halten, die sich im ersten Winter ergingen über die deutsche Mystik bis Angelus Silesius. Ein Abriß davon ist gegeben im Buche «Die Mystik des neuzeitlichen Geisteslebens ». Im nächsten Winter hielt ich die Vorträge über «Das Christentum als mystische Tatsache ». Dadurch ist eine Art Mittelpunkt zur Sammlung der theosophischen Kräfte in Deutschland entstanden, von dem ausgegangen und eine Grundlage geschaffen worden ist für die eigentliche Sektionsgründung.
Nun muß, wenn man der lieben Gräfin Brockdorff gedenkt, insbesondere hervorgehoben werden, daß durch ihre außerordentlich sympathisch auf die Umgebung wirkende Art und Arbeit die theosophische Sache immer wieder über Wasser gehalten wurde. Für gewisse Organisationsfragen und Strömungen in der theosophischen Bewegung hatte die Gräfin weniger Sinn. Es lag ihr weniger, sie hatte weniger Sympathie dafür. Aber es bildete sich eine gewisse Grundtendenz ihres Herzens, in der Richtung der theosophischen Bewegung zu wirken. Sie hat das, wie wirklich selten ein Mensch, in einer Weise getan, die von der vollsten Hingabe und von außerordentlicher Liebe getragen war.
Es hat wohl wirklich ihre Gesundheit es nötig gemacht, daß in dem Zeitpunkte, wo wir durch die Verhältnisse gezwungen waren, eine straffere und zusammengezogenete Organisation in Deutschland zu entfalten, sie sich nach ihrem Ruhesitz in Algund bei Meran zurückziehen mußte. Und wie oft ist auch der guten Gräfin diese Ruhe nicht eine wirkliche Ruhe gewesen. Bald fing sie an zu kränkeln, und sie hat in gesundheitlicher Beziehung in den letzten Jahren schwere Zeiten durchgemacht. Es ist objektiv gesprochen, wenn ich sage, daß die Geschichte der theosophischen Bewegung in Deutschland in den neunziger Jahren und anfangs 1900 mit dem Namen Brockdorff verknüpft sein wird, da die Verdienste, welche die Gräfin und der Graf sich erworben haben, gar nicht genug gewürdigt werden können. Die älteren Mitglieder werden noch unseres guten Grafen gedenken, als er noch an der Seite der Lebensgefährtin war, die er jetzt auf dem physischen Plane verloren hat. Aber die Mitglieder wissen auch, wie tief eingewurzelt die theosophische Gesinnung war, mit der der Friede wird gewonnen werden können aus der theosophischen Weltanschauung. Auch diejenigen aber, welche vielleicht als jüngere Mitglieder die Gräfin Brockdorff noch nicht gekannt haben, werden angesichts dessen, was sie für die theosophische Bewegung in Deutschland und besonders in Berlin geleistet hat, dankbar dessen gedenken und mit einer gewissen — durch theosophische Gesinnung im wesentlichen gefärbte Bewegung zurückblicken auf die letzten Tage, die dem so sehr verehrten und geliebten Mitglied den physischen Tod gebracht haben. Ich bitte Sie, das verehrte Mitglied dadurch zu ehren, daß wir uns von den Sitzen erheben.