The Origin and Development of Eurythmy 1912–1918
GA 277a
16-24 September 1912, Binningen-Bottmingen
Translated by Steiner Online Library
First or Dionysian Course
As Rudolf Steiner was unable to give his first lessons in eurythmy as originally planned during rehearsals for the Mystery Dramas in Munich due to an excessive workload, it was not until the end of September in Basel, where Rudolf Steiner was staying for his cycle on “The Gospel of St. Mark,” that nine introductory lessons took place.
With regard to her notes on these lessons, Lory Maier-Smits mentions in a letter to Eva and Edwin Froböse dated January 11, 1964, that she considered it her task "only to recount those things and only in the form in which I personally conveyed or experienced them, either in the lessons with Dr. Steiner or later in my work with him, but that I in no way want to or can say that this is the only way to work. For no one knows better than I how flexible and ‘unpedantic’ everything Dr. Steiner ever said was, and that often it is the statements that initially appear almost contradictory that express the full richness."
The text is based on Lory Maier-Smits' notes for GA 277a ‘1965’, supplemented in part by descriptions from her essays “Erste Lebenskeime der Eurythmie” (First Seeds of Eurythmy, 1951) and “Die Anfänge der Eurythmie” (The Beginnings of Eurythmy, 1956); longer passages from these have been indented for better distinction. Rudolf Steiner's notes are a valuable addition to this; these are, on the one hand, his shorthand preparations and, on the other, his notes for Lory Maier-Smits.
Lory Maier-Smits, notes from 1965, with additions from: “The Beginnings of Eurythmy” and “First Seeds of Eurythmy”; Rudolf Steiner, notes
The Munich Festival Weeks of 1912 ended on August 31 with the final lecture of the cycle "On Initiation. Of Eternity and the Moment. Of Spiritual Light and the Darkness of Life.“ On September 15, the first lecture on the ”Gospel of Mark" was scheduled in Basel. And for this time in Basel, Rudolf Steiner had promised us, my mother and me, to give us the basic guidelines for the new art of movement, as he called it at the time. A kind twist of fate, one might almost say a trick of fate, made it possible for this time to be filled with a wide variety of impressions of nature in the mountains – we spent part of the intervening time as guests of a friend of my mother's, Baroness Emmy von Gumppenberg, in a small farmhouse in the mountains at a considerable altitude, on Bavarian lakes, on Lake Constance, and at the Rhine Falls. And in addition, prompted by changing weather conditions, ever new, sometimes strongly contrasting moods seized the young soul, which was doubly receptive after the weeks just spent in Munich – moods of wonder, admiration, awe, and also fearful overwhelm. And so we arrived in Basel on September 14.
On the very first evening after the lecture, Rudolf Steiner came to my mother and invited us to his home in Bottmingen, a rural suburb south of Basel, for the following afternoon, at 4 o'clock, I believe. Our journey there – we happened to live on the southern outskirts of the city – now took us daily under colorful autumn trees, through rustling leaves, along a small river (Birsig) to the little house that a Basel member had made available to Rudolf Steiner for the duration of his stay there.
We met in a tiny little room on the ground floor, a kind of doctor's waiting room with a table, a few chairs, and a small bench-like sofa on which Rudolf Steiner always sat. There weren't many other objects in the room, but there was also very little free space. We were alone with Rudolf Steiner for the first two or three hours, but on the third day he brought Miss von Sivers with him and said with a smile as he entered: “Yes, Miss von Sivers is now also interested in our cause. She asked me how I could demonstrate all the ‘pas’ in such a small room!” And from then on, Miss von Sivers never missed any of the afternoon lessons.
On that first Monday afternoon, after a brief, affectionate greeting, Rudolf Steiner went straight to the heart of eurythmy, without referring in any way to my preparatory work, which I was supposed to “forget all about”: the vowels. “You must learn to acquire a fine, differentiated feeling for the individual sounds. And to do this, you must learn to let your heart rise up into your head. Not your head into your heart. First the heart must speak, and only later the head,” he added. And then he formulated his instructions accordingly.
Erster oder Dionysischer Kurs
Da Rudolf Steiner während der Proben zu den Mysteriendramen in München wegen Arbeitsüberfülle nicht wie ursprünglich vorgesehen erste Unterrichtsstunden in Eurythmie erteilen konnte, kam es erst Ende September in Basel, wo Rudolf Steiner für seinen Zyklus über «Das Markus-Evangelium» weilte, zu neun einführenden Stunden.
In Bezug auf ihre Aufzeichnungen über diese Unterrichtsstunden erwähnt Lory Maier-Smits in einem Brief an Eva und Edwin Froböse vom 11. Januar 1964, dass sie es als ihre Aufgabe angesehen hatte, «nur solche Dinge zu erzählen und auch nur in der Form, wie ich sie persönlich, entweder in den Stunden mit Dr. Steiner oder später in der Arbeit mit ihm übermittelt oder erlebt habe, dass ich aber auf keinen Fall damit sagen will oder sagen kann, dass man nur so arbeiten sollte. Denn niemand weiß vielleicht besser als ich, wie beweglich und «unpedantisch» alles war, was Dr. Steiner je gesagt hat und dass oft die anfänglich fast widersprechend erscheinenden Angaben erst die ganze Fülle zum Ausdruck bringen.»
Für den Text wurden Lory Maier-Smits’ Aufzeichnungen für GA 277a ‹1965› zugrunde gelegt, teilweise ergänzt durch Schilderungen aus ihren Aufsätzen «Erste Lebenskeime der Eurythmie» (1951) und «Die Anfänge der Eurythmie» (1956); längere Passagen daraus wurden zur besseren Unterscheidung eingerückt. Eine wertvolle Ergänzung dazu bilden die Notizzettel Rudolf Steiners; zum einen sind dies seine stenografischen Vorbereitungen, zum andern seine Aufzeichnungen für Lory Maier-Smits.
Lory Maier-Smits, Aufzeichnungen 1965, mit Ergänzungen aus: «Die Anfänge der Eurythmie» und «Erste Lebenskeime der Eurythmie»; Rudolf Steiner, Notizzettel
Die Münchner Festspielwochen des Jahres 1912 endeten am 31. August mit dem Schlussvortrag des Zyklus «Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel». Am 15. September war der erste Vortrag über das «Markus-Evangelium» in Basel angesagt. Und für diese Basler Zeit hatte Rudolf Steiner uns, meiner Mutter und mir, in Aussicht gestellt, die grundlegenden Hinweise für die neue Bewegungskunst, wie er es damals bezeichnete, zu geben. Eine gütige Fügung, man könnte fast sagen ein Kunstgriff des Schicksals, machte es möglich, dass diese Zeit ausgefüllt war mit den verschiedensten Natureindrücken im Gebirge - wir verlebten die Zwischenzeit zum Teil als Gäste einer Freundin meiner Mutter, Frau Baronin Emmy von Gumppenberg, in einem Bauernhäuschen im Gebirge in ziemlicher Höhe, an bayrischen Seen, am Bodensee und am Rheinfall. Und dazu ergriffen, durch wechselnde Wetterverhältnisse veranlasst, immer neue, zum Teil stark entgegengesetzte Stimmungen die junge, durch die eben durchlebten Münchner Wochen doppelt empfängliche Seele - Stimmungen des Staunens, der Bewunderung, der Ehrfurcht und auch des angstvollen Überwältigtseins. Und so kamen wir am 14. September in Basel an.
Schon am ersten Abend nach dem Vortrag kam Rudolf Steiner zu meiner Mutter und bestellte uns für den nächsten Nachmittag, ich glaube um 4 Uhr, zu sich nach Bottmingen, einem südlich gelegenen, ländlichen Vorort von Basel. Unser Weg dorthin - zufällig wohnten wir ganz am südlichen Stadtrand - führte uns nun täglich unter bunten Herbstbäumen, durch raschelndes Laub, an einem Flüsschen (Birsig) entlang zu jenem kleinen Haus, das ein Basler Mitglied Rudolf Steiner für die Zeit seines dortigen Aufenthalts zur Verfügung gestellt hatte.
Man traf sich in einem winzig kleinen Zimmerchen, zur ebenen Erde, eine Art Wartezimmer eines Arztes mit einem Tisch, ein paar Stühlen und einem kleinen bankartigen Sofa, auf dem Rudolf Steiner immer saß. Sonst waren nicht viel andere Gegenstände darin, aber auch sehr wenig freier Raum. - Die ersten zwei bis drei Stunden waren wir mit Rudolf Steiner allein, aber am dritten Tag brachte er Fräulein von Sivers mit und sagte beim Eintreten lächelnd: «Ja, Fräulein von Sivers interessiert sich jetzt doch auch für unsere Sache. Sie hat mich nämlich gefragt, wie ich denn in dem kleinen Zimmer alle die «pas» vormachen könnte!» Und von da an versäumte auch Fräulein von Sivers keine der nachmittäglichen Stunden mehr.
An jenem ersten Montagnachmittag ging Rudolf Steiner nach kurzer liebevoller Begrüßung, ohne irgend wie anzuknüpfen an meine Vorarbeiten, die ich ja auch «alle wieder vergessen sollte», gleich mitten hinein in das ureigenste Gebiet der Eurythmie: zu den Vokalen. «Sie müssen lernen, sich ein feines, differenziertes Empfinden für die einzelnen Laute anzueignen. Und dazu müssen Sie lernen, das Herz in den Kopf heraufsteigen zu lassen. Nicht den Kopf in das Herz. Erst muss das Herz sprechen und erst später der Kopf», fügte er noch hinzu. Und dann formulierte er seine Angaben immer dementsprechend.
